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Elektronen auf geradem Weg

Neuartiges Ionisationsvakuummeter als Referenzmessgerät

PTB News 2.2021
26.03.2021
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Vakuumtechnik

Prozesstechnik

Ein neuartiges Ionisationsvakuummeter bietet eine Lösung für die bisher unzureichende Stabilität kommerziell erhältlicher Geräte und ermöglicht vorhersagbare Empfindlichkeiten. Dies wird durch eine geradlinige Führung der ionisierenden Elektronen auf ihrem Weg durch den Ionisationsraum ermöglicht.

Schema des neuartigen Ionisationsvakuummeters mit simulierten Elektronen (rot, oberes Bild) und Ionenbahnen (violett und türkis, unteres Bild). Ionen, die nicht im Ionisationsraum entstehen (türkis), werden nicht auf den Kollektor (dunkelblau) geleitet.

In vielen Bereichen der Industrie, vor allem in der Halbleiterindustrie, werden zur Prozesskontrolle Vakuum- und Partialdruckmessgeräte eingesetzt. Für die Insitu- Kalibrierung und zur Überwachung im Hoch- und Ultrahochvakuumbereich kommen Ionisationsvakuummeter zum Einsatz. Bei ihnen werden mithilfe schneller Elektronen Gasmoleküle ionisiert und der resultierende Ionenstrom gemessen. Zur Rückführung müssen herkömmliche Ionisationsvakuummeter individuell nicht nur für Stickstoff, sondern für das jeweils benutzte Gas kalibriert sein, weil die Empfindlichkeit für eine Gasart sich jeweils vom Einzelgerät abhängig zeigt.

 

Zur Vereinfachung der Kalibrierprozesse wurde im Rahmen des EMPIRProjekts „Ion Gauge“ ein neuartiges Ionisationsvakuummeter entwickelt. Anders als bei herkömmlichen Vakuummetern mit undefinierten Elektronenbahnen werden hier die Elektronen auf geradem Weg von der Kathode durch den Ionisationsraum in einen Faraday-Detektor geführt. Der Ionenkollektor wird zusätzlich als elektrostatische Linse benutzt, um die Elektronen auf die Austrittsblende der Anode zu fokussieren. Durch einen Deflektor werden die Elektronen so auf den Faraday-Detektor gelenkt, dass die beim Auftreffen der Elektronen entstehenden Röntgenstrahlen nicht zum Ionenkollektor gelangen können, wo sie das Messergebnis verfälschen würden.

Durch das Konstruktionsprinzip ist sowohl die Länge der Elektronenbahn als auch der Bereich, aus dem Ionen auf den Kollektor gelangen können, gut definiert und vom Einzelgerät unabhängig. Dadurch kann die Empfindlichkeit für eine Gasart entweder durch eine bekannte Ionisationswahrscheinlichkeit oder durch eine lediglich typenspezifische, aber nicht geräteindividuelle Kalibrierung für alle Vakuummeter dieses Typs ermittelt werden, was erheblichen Aufwand und Kosten spart.

Zusätzlich haben die bisherigen experimentellen Ergebnisse gezeigt, dass der neue Gerätetyp eine bei Ionisationsvakuummetern bisher nicht gekannte Reproduzierbarkeit und Transportinstabilität von besser als einem Prozent besitzen. So kann er sowohl als Referenzmessgerät für Kalibrierlaboratorien als auch als Transfernormal für Vergleiche eingesetzt werden. Für die breite Anwendung soll der neuartige Typ Ionisationsvakuummeter als ISO-Standard aufgenommen werden.

Ansprechpartner

Karl Jousten

Fachbereich 7.5

Wärme und Vakuum
Telefon: (030) 3481-7262
Opens local program for sending emailkarl.jousten(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

B. Jenninger et al: Development of a design for an ionisation vacuum gauge suitable as a reference standard. Vacuum 183, 109884 (2021)