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Widerstandsmessungen mit Graphen

Fortschritte bei Quanten-Hall-Normalen

PTBnews 3.2022
12.09.2022
Besonders interessant für

Metrologieinstitute

Kalibrierlaboratorien

In einem europäischen Metrologieforschungsprojekt wurden Quanten-Hall-Widerstände aus Graphen als primäre Impedanznormale für Wechselspannungs-Anwendungen optimiert. Sie lassen sich nun mit erheblich geringerem Aufwand betreiben. Damit werden mehr Metrologieinstitute und darüber hinaus auch industrielle Kalibrierlaboratorien in die Lage versetzt, die Einheiten Widerstand, Kapazität und Induktivität darzustellen.

An der PTB entwickelter und hergestellter Quanten-Hall-Widerstand aus Graphen, elektrisch kontaktiert im Probenhalter

Bislang werden in der elektrischen Quantenmetrologie Quanten-Hall-Widerstände aus Halbleiter-Hetero-Strukturen eingesetzt. Im Vergleich dazu können Quanten-Hall-Widerstände aus Graphen mit deutlich reduziertem technischem Aufwand betrieben werden: Bei geeigneter Materialqualität und stabiler Ladungsträgerdichte ermöglichen sie die Realisierung der Widerstandsquantisierung bei niedrigeren Magnetfeldern und bei weniger tiefen Temperaturen.

Im Rahmen des von der PTB koordinierten EMPIR-Projektes „Graphene Impedance Quantum Standard“ mit elf Partnern aus Europa und Asien wurden im PTB-Reinraumzentrum mit optimierten Verfahren Quanten-Hall-Widerstände aus Graphen hergestellt. Messungen am BIPM, dem internationalen Büro für Maße und Gewichte, bestätigen die hohe Qualität der Schaltungen: Ihr Gleichstromwiderstand stimmt mit dem nominellen quantisierten Wert innerhalb weniger Milliardstel überein, und dies bei einer relativ hohen Temperatur von 4,2 K und einem Magnetfeld von nur 5 T. Vergleichsmessungen an den beteiligten Instituten belegen die zeitliche Stabilität der Schaltungseigenschaften und zeigten, dass deren hohe Qualität unter Langstreckentransporten nicht nennenswert leidet. Damit sind die wesentlichen Voraussetzungen für den zukünftigen praktischen Einsatz von Graphen-basierten Quanten-Widerstandsnormalen erfüllt.

Der angestrebte Einsatz der Normale im Wechselspannungsbetrieb, also für die Messtechnik von Impedanzgrößen, stellt zusätzliche Anforderungen an die Messtechnik und an die Graphenschaltungen selbst. Die in der PTB hergestellten Schaltungen wurden in Laboratorien von acht Projektpartnern mit unterschiedlichen Methoden untersucht. Dazu wurden im Projekt verschiedene Typen von Impedanz-Messbrücken optimiert. Aus der PTB stammt eine Josephson-Impedanzmessbrücke, mit der präzise Referenzspannungen durch moderne Quantenspannungsquellen (basierend auf dem Josephson-Effekt) erzeugt und genutzt werden können. Das führt zu besonders hoher Flexibilität bezüglich experimenteller Parameter und ermöglicht automatisierbare Messabläufe. Das Messsystem ist anwenderfreundlicher und bei Impedanz- und Frequenzmessungen sind die zugänglichen Messbereiche erweitert.

Insgesamt ergaben die Projektergebnisse, dass eine quantenbasierte Darstellung der Kapazitätseinheit Farad mit einer relativen Unsicherheit besser als 10–7 möglich ist. Dies wurde in einem „Good practice guide“ für die Realisierung des Farad mit Graphen-Quantennormalen zusammengefasst (Opens external link in new windowhttps://www.ptb.de/empir2019/giqs/home/). Die neuen Messmöglichkeiten werden im Rahmen des Quantentechnologie-Kompetenzzentrums der PTB interessierten Anwenderkreisen zugänglich gemacht.

Ansprechpartner

Klaus Pierz
Fachbereich 2.5
Halbleiterphysik und Magnetismus
Telefon: (0531) 592-2412
Opens local program for sending emailklaus.pierz(at)ptb.de

 

Wissenschaftliche Veröffentlichung

D.-H. Chae, M. Kruskopf, J. Kucera, J. Park, N. T. M. Tran, D. B. Kim, K. Pierz, M. Götz, Y. Yin, P. Svoboda: Investigation of the stability of graphene devices for quantum resistance metrology at direct and alternating current. Measurement Science and Technology 33, 6 (2022)