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Ehemaliger Forschungsreaktor der PTB wird Zentralwerkstatt

Niedersächsisches Umweltministerium gibt Reaktorgebäude zur konventionellen Nachnutzung frei

06.09.2005

Zehn Jahre ist es her, dass der Forschungs- und Messreaktor der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig letztmalig seine Aufgabe erfüllte: Neutronen für die Forschung zu produzieren. Um einen Kernreaktor allerdings stillzulegen oder gar - wie in diesem Fall - das Gebäude nachträglich zu nutzen, ist ein Marathonlauf von Anträgen, Rückbauarbeiten und Begutachtungen nötig. Dieser ist für den PTB-Reaktor nun endgültig abgeschlossen: Das Reaktorgebäude wurde vom Niedersächsischen Umweltministerium aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen und kann jetzt uneingeschränkt genutzt werden. Die PTB wird in dem Gebäude ihre zentrale Werkstatt einrichten.

Blick in den Reaktorkern mit dem typisch blauen Leuchten (Cerenkov Strahlung)

Die Experimentierhalle des Reaktors: Während des Reaktorbetriebs (1967-1995) und heute Sie können die Fotos auch als 300-dpi-Dateien bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bestellen (presse[at]ptb.de).

Von 1967 bis 1995 war der Reaktor ein wichtiges Werkzeug für die messtechnischen Aufgaben der PTB. Am Reaktor wurde Grundlagenforschung zur Neutronen- und Festkörperphysik betrieben, wurden Messinstrumente geprüft und kalibriert sowie neue Messverfahren für die Dosimetrie entwickelt. Die Entscheidung, den Reaktor stillzulegen, folgte rein wirtschaftlichen Überlegungen. Die verbleibenden Arbeiten konnten (und können) die Wissenschaftler am PTB-eigenen Teilchenbeschleuniger oder auch an anderen externen Neutronenquellen, etwa am Forschungsreaktor in Geesthacht, durchführen.

Nachdem die Entscheidung, den Reaktor endgültig abzuschalten, gefallen war, wurden die bestrahlten Brennelemente im Rahmen der Nichtverbreitungspolitik von Kernmaterial in die Vereinigten Staaten zurück transportiert. Der Ausbau der kontaminierten und aktivierten Teile aus der Reaktoranlage begann, als die entsprechende Genehmigung im März 2001 vorlag. Im Rahmen des Rückbaus und der Stilllegung des Reaktors fielen insgesamt 585 t in Chargen sortierte Reststoffe an. Davon gab die Genehmigungsbehörde 350,8 t Material uneingeschränkt und 73,3 t zur Entsorgung auf die Deponie frei. Die verbleibenden 160,9 t radioaktiver Abfälle (vor allem Betonschutt, Metallteile und Kunststoff) wurden nach fest vorgegebenen Ablaufplänen in Spezialfässer verpackt, durch zwei unabhängige Sachverständige geprüft und in ein eigens dafür genehmigtes Zwischenlager in der PTB eingelagert.

Insgesamt wurden 45 Kontrollbereichsräume (20.400 m2 Oberflächen) mit 6410 Anlagenteilen, 139 andere Räume, 9500 m2 Fassaden- und Dachflächen sowie 6000 m2 Bodenfläche im Außenbereich von der Genehmigungsbehörde freigegeben und aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen. Jede der einzelnen Maßnahmen wurde im Auftrag des Niedersächsischen Umweltministeriums durch einen unabhängigen Sachverständigen begleitet. Die PTB hat seit 1995 bis zur Entlassung des letzten Teilbereichs des Reaktors gesonderte Mittel in Höhe von EUR 16,3 Mio. für die Stilllegung und den Rückbau aufgebracht.

In die nun freigegebenen Gebäude wird nach und nach der Wissenschaftliche Gerätebau der PTB einziehen. Den Anfang machen Konstruktion, Elektronik und Mikroelektronik sowie das Halbzeuglager und die Galvanik. Die rund 1500 m2 große ehemalige Experimentierhalle des Reaktors wird später die Fertigungsanlagen des Gerätebaus beherbergen.

Weitere Informationen:
Dr. Rolf Simmer
Betrieblicher Strahlenschutz, PTB
Bundesallee 100, 38116 Braunschweig
Tel.: (0531) 592-6710
E-Mail: Rolf Simmer