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PTB-Seminar zu aktuellen Fortschritten von Kalibrierverfahren im Nieder- und Hochfrequenzbereich 2017

28.11.2017

Mit dem am 17. Mai 2017 in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig abgehaltenen 303. PTB-Seminar "Aktuelle Fortschritte von Kalibrierverfahren im Nieder- und Hochfrequenzbereich 2017" hat die PTB die Reihe der Seminare fortgesetzt, die sich seit vielen Jahren mit aktuellen Problemen der industriellen elektrischen Messtechnik befassen.

 

 

 

Das Seminar findet traditionell in Verbindung mit den Frühjahrstagungen der Fachausschüsse "Gleichstrom und Niederfrequenz" sowie "Hochfrequenz und Optik" des Deutschen Kalibrierdienstes (DKD) / der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) statt. Insgesamt diente das Seminar dem Austausch von Informationen und Erfahrungen zwischen den Fachleuten aus der PTB, aus akkreditierten Kalibrierlaboratorien sowie Anwendern aus Forschung und Industrie. Ziel des Seminars war es, neue Entwicklungen der Industrie und der PTB im Bereich der elektrischen Kalibriermesstechnik und der Metrologie aufzuzeigen und Anregungen für neue Messverfahren und -methoden zu geben, die den Laboratorien helfen, den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden zu können.

Ein besonderes Ereignis erwartet die Fachwelt mit der Einführung des revidierten Internationalen Einheitensystems (SI), die zurzeit am World Metrology Day, dem 20. Mai 2019, geplant ist. Im revidierten SI werden alle sieben Basiseinheiten durch entsprechende Konstanten definiert. Insbesondere sind dann auch die weitergegebenen elektrischen Einheiten wieder direkt im SI verankert. Weltweit koordinierte Experimente stellen den Zusammenhang zwischen den Konstanten und den Einheiten her. Zum Beispiel wird die Stromstärkeeinheit (das Ampere) über die in einer Zeiteinheit transportierte Anzahl an Elementarladungen definiert. Zählt man nun im Experiment einzelne Ladungen, die durch eine selbstreferenzierte Elektronenpumpe transportiert werden, so erhält man daraus die Stromstärke. Hierzu hat die PTB international ganz wesentliche Beiträge geleistet. Die Weitergabe der Stromstärke von der PTB an die akkreditierten Kalibrierlaboratorien erfolgt über Transfernormale. Mit einer neuen Entwicklung lassen sich nun auch kleine Wechselstromstärken weitergeben.


Für die genaue Messung von großen Gleich- oder Wechselströmen z.B. in Magnetsystemen von Beschleunigern werden Stromwandler eingesetzt, deren magnetischer Fluss im Kern kompensiert wird. Temperatureinflüsse und Drifteffekte werden dadurch weitgehend minimiert, insbesondere auch bei der Messung von hohen Strömen.


Weiterhin wurde eine neue Methode vorgestellt, um Trennstromwandler in stationären Zählerprüfstationen zu bewerten. Dabei kommen als Leistungsmessgeräte die kundeneigenen Geräte, sowie eine von der PTB zur Verfügung gestellte "0-Ohm Bürde" zum Einsatz. Die Messungen können somit von den Prüfstellen zukünftig eigenverantwortlich und schneller als bisher durchgeführt werden.


Für die Kalibrierung von Brückennormalen wurde ein verbesserter Messplatz vorgestellt, der Kalibrierungen in einem Frequenzbereich von 225 Hz bis 5 kHz bei deutlich verringertem Kalibrieraufwand ermöglicht. Im Vergleich zu der zuvor verwendeten Kalibriereinrichtung liefert dieser Messplatz unverändert kleine Unsicherheiten für Hochpräzisionsmessungen bei 225 Hz und stabilere Kalibrierbedingungen mit verringerter Unsicherheit bei höheren Messfrequenzen bis 5 kHz.


Die bei der leitungsgeführten Störfestigkeitsprüfung gemäß IEC EN 61000-4-6 eingesetzten Koppelnetzwerke müssen im Frequenzbereich von 150 kHz bis 80 MHz eine charakteristische asymmetrische Impedanz am Prüflingsanschluss aufweisen. Deren Bestimmung mit Hilfe eines vektoriellen Netzwerkanalysators wurde vorgestellt. Ein Vergleich aus numerischen Simulationen und praktischen Messungen zeigt eine gute Übereinstimmung.


Die PTB beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Kalibrierverfahren von vektoriellen Netzwerkanalysatoren (VNA) und deren residualen Messunsicherheiten. In diesem Jahr wurde ein neues Kalibrierverfahren für Mehrtoranalysatoren vorgestellt, welches sich z.B. in Industrie und Produktion kostengünstig einsetzen lässt. 

VNA werden in der Hochfrequenzmesstechnik sehr vielseitig für die Messung der Streuparameter (Reflexions- und Transmissionseigenschaften von Komponenten und Netzwerken) eingesetzt, so auch bei der Kalibrierung von Antennen. Erstmals wurde die Nahfeld-Fernfeldtransformation auf die im sphärischen Antennenscanner zwischen zwei Antennen gemessenen Streuparameter angewendet. Aus diesen Messdaten lässt sich der Fernfeld-Antennengewinn einer Referenz-Antenne in einem kompakten Laboraufbau bestimmen.

Neben dem Antennenscanner und dem Referenzfreifeld betreibt die PTB eine Vor-Ort-Messtechnik für fest installierte Antennensysteme. Im Projekt WERAN wird damit die potentielle Wechselwirkung zwischen Windenergieanlagen und terrestrischen Navigationsanlagen sowie Radarsystemen mit Hilfe neuartiger Hochfrequenz-Messtechnik auf einem Oktokopter untersucht. Hierzu wurden erste Messergebnisse an Radaranlagen in der Nähe eines Windparks vorgestellt.

Die in Deutschland akkreditierten Kalibrierlaboratorien nehmen regelmäßig an Ringvergleichen im Rahmen des Deutschen Kalibrierdienstes teil, um ihre Kompetenz und die Arbeitsprozesse in den Eignungsprüfungen zu validieren. So wurde über den durchgeführten Ringvergleich Anstiegszeit von Oszilloskopen berichtet.

Dass die gesetzten Ziele erreicht wurden, zeigten die rege Teilnahme von 120 Fachleuten sowie die lebhaften fachlichen Diskussionen im Anschluss an die Vorträge.


Dr. J. Melcher, Dr. T. Schrader, Fachbereich 2.1 und 2.2 der Abteilung 2

 

 

 

 

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