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Geometriefehleraufnahme an einer Werkzeugmaschine bei verschiedenen Umgebungstemperaturen

12.05.2016

Moderne, numerisch gesteuerte (NC) Werkzeugmaschinen können nicht nur fertigen, sondern auch messen. Fertigung und Messung werden jedoch auch vom thermo-mechanischen Verhalten von Werkstück und Werkzeugmaschine beeinflusst. Maschinenkonstruktionen und Fertigungsprozesse führen durch die ihnen eigenen Wärmequellen wie Motoren oder erzeugter Prozesswärme zu unterschiedlichem thermomechanischen Verhalten. Darüber hinaus können Werkzeugmaschinen in nicht klimatisierten Werkhallen Umgebungstemperaturen zwischen 15 °C und 45 °C ausgesetzt sein. Ziel des europäischen Projektes „Traceable in-process dimensional measurement“ (TIM) war es, thermisch bedingte Änderungen der Werkzeugmaschinengeometrie messtechnisch zu erfassen, ggf. zu kompensieren und Messunsicherheitsbilanzen für die Prüfung von Fertigungstoleranzen aufzustellen.

Zur Untersuchung der Auswirkungen der Umgebungstemperatur auf die Messfähigkeit einer Werkzeugmaschine wurde zusammen mit anderen Projektpartnern eine mobile Klimasimulationskammer konzipiert und um eine Werkzeugmaschine in einer Werkhalle aufgebaut. Die Kammer ermöglicht eine Variation der Umgebungstemperatur zwischen +15 °C und +45 °C. Durch die Bestimmung der parametrischen Geometrieabweichungen konnte die durch die Temperaturänderung verursachte Änderung der Maschinengeometrie bestimmt werden. Die Messung erfolgte mit einem selbstnachführenden Laserinterferometer (LaserTRACER), das durch eine Kompensation selbst weitgehend unbeeinflusst von Temperatureinflüssen arbeitet.

Die so für unterschiedliche Umgebungstemperaturen ermittelten Geometrieabweichungen der Werkzeugmaschine wurden in der Maschinensteuerung hinterlegt und konnten softwaretechnisch über diese berücksichtigt und zur Kompensation benutzt werden. Auf diese Weise wurde sowohl für die Fertigung als auch für die Messung eine höhere Genauigkeit erreicht (Abb. 1 und Abb. 2). So konnte die bei 20 °C maximal zu erwartende räumliche Positionsabweichung von den mittleren Schnittebenen von 147 µm auf 28 µm reduziert werden. Ein ähnliches Bild zeigte sich für eine Umgebungstemperatur von 25 °C. Bei dieser konnte die maximal zu erwartende Positionsabweichung von den mittleren Schnittebenen von 115 µm auf 17 µm reduziert werden. Ein Vergleich dieser beiden Ergebnisse zeigt bereits, wie stark sich die Umgebungstemperatur auf die Genauigkeit einer Werkzeugmaschine auswirkt.

Zur Validierung des Verfahrens wurden auf der Werkzeugmaschine Testwerkstücke mit und ohne aktive Korrektur gefertigt und direkt im Anschluss in der gleichen Aufspannung mehrfach taktil gemessen. Auf Basis der nachfolgenden Kalibrierung der gefertigten Werkstücke auf einem Koordinatenmessgerät konnte die Wirksamkeit der Korrektur ermittelt werden. Aus den Messungen konnte zudem abgeleitet werden, dass die maximalen erweiterten Messunsicherheiten von Längenmessungen für die durchgeführten Messaufgaben an dem Testwerkstück bei 20 °C von 6 µm auf 4 µm und bei 25 °C von 9 µm auf 4 µm reduziert werden konnten.

Die Arbeiten werden durch das Forschungsprojekt „TIM“ (JRP IND62) des European Metrology Research Programme (EMRP) gefördert. Das EMRP wird von den am Programm beteiligten Ländern innerhalb der EURAMET und der Europäischen Union gemeinsam finanziert.

Darstellung der Geometrieabweichungen der nicht kompensierten Werkzeugmaschine bei 20°C in drei mittleren Schnittebenen

Abb. 1: Geometrieabweichungen der nicht kompensierten Werkzeugmaschine bei 20 °C.

 

Darstellung der Geometrieabweichungen der kompensierten Werkzeugmaschine bei 20 °C in drei mittleren Schnittebenen 

Abb. 2: Geometrieabweichungen der kompensierten Werkzeugmaschine bei 20 °C. Durch die Kompensation konnten die maximalen Abweichungen in den dargestellten Schnittebenen um 80 % reduziert werden.

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