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„TeleYAG“: ein brechzahlkompensierendes Interferometer für die Kalibrierung von geodätischen Basisstrecken

01.12.2015

Optische Längenmessungen, die auf der Lichtgeschwindigkeit in Luft basieren, werden durch die Abhängigkeit der Luftbrechzahl von Temperatur, Druck und Luftfeuchte beeinträchtigt. Insbesondere bei langen Strecken im Freien ist es schwierig, die effektive Lufttemperatur im Strahlengang präzise zu messen. Bei sonnigem Wetter sind mehrere Grad Celsius Variation der Temperatur über einige hundert Meter keine Seltenheit, wobei eine Unsicherheit von 1 °C in der Länge einer Längenunsicherheit von 1 mm/km entspricht.

Im Rahmen des EMRP-Forschungsprojekts SIB60 „Surveying“ wurde ein absolut messendes Interferometer, „TeleYAG“ genannt, entwickelt, das für Längenmessungen bis ca. 1 km geeignet ist und als Primärnormal zur Darstellung geodätischer Längen vorgesehen ist. Dazu werden zwei frequenzverdoppelte Nd:YAG-Laser, die die Wellenlängen 1064 nm im Infraroten und 532 nm im Grünen emittieren, über ein Schwebungssignal auf eine Differenzfrequenz von 20 GHz im Infraroten stabilisiert. Durch die Frequenzverdoppelung ergibt sich im Grünen eine Differenz von 40 GHz. Die Schwebungsfrequenzen von 20 GHz und 40 GHz liefern sogenannte synthetische Wellenlängen von ca. 15 mm und 7,5 mm, die als Maßstab für die absolute Längenmessung dienen. Die gleichzeitige Messung mit beiden Wellenlängen erlaubt es, über die Dispersion in Luft den Einfluss der Luftbrechzahl zu kompensieren. Die Verwendung der synthetischen Wellenlängen verstärkt Messunsicherheiten im Verhältnis der synthetischen zur optischen Wellenlänge, also um ca. 14.000. Die Gleichung zur Brechzahlkompensation vergrößert die Unsicherheiten um einen weiteren Faktor von ca. 22. Die Herausforderung ist daher, mit der Gesamtverstärkung der Unsicherheiten der Längenmessung mit den vier einzelnen Wellenlängen von ca. 300.000 zu arbeiten. Abbildung 1 zeigt das eigentliche Interferometer, das gut auf die Pfeiler geodätischer Basisstrecken montiert werden kann.

Erste Vergleichsmessungen unter kontrollierten Bedingungen wurden auf dem 50 m Komparator der PTB (geodätische Basis) durchgeführt [1]. Abbildung 2 zeigt die Differenz zwischen dem „TeleYAG“ und dem zählenden HeNe-Referenzinterferometer für zwei Messungen bis 50 m Länge. Es sind Abweichungen von bis zu 200 µm zu erkennen. Durch den großen Skalierungsfaktor für Messunsicherheiten von ca. 300.000 entspricht dies einer Nichtlinearität der Wegmessung von nur 0,7 nm für die Messung mit den einzelnen Wellenlängen.

Für den Einsatz über längere Distanzen wurde das Gerät nach dieser erfolgreichen Messung weiter optimiert, insbesondere im Bereich der Kollimation. Die Verifikation bis zu 1 km wird während der verbleibenden Lebensdauer des „Surveying“ Projekts auf internationalen Referenzstrecken erfolgen.

Die Arbeiten werden durch das Forschungsprojekt „Surveying“ (JRP SIB60) des European Metrology Research Programme (EMRP) gefördert. Dieses wird von den im Rahmen von EURAMET am EMRP teilnehmenden Ländern und der Europäischen Union gemeinschaftlich finanziert.

[1] Karl Meiners-Hagen, Alen Bošnjakovic, Paul Köchert and Florian Pollinger, Meas. Sci. Technol. 26 084002 (2015)


Abb. 1: „TeleYAG“ Interferometer in der Schwenkhalterung für die Montage auf einen Pfeiler. Maße des Geräts ca. 45 cm x 30 cm x 10 cm. Am linken Rand sind die vier Glasfasern zur Lichtzuführung zu erkennen.


Abb. 2: Vergleich des brechzahlkompensierenden „TeleYAG“ Interferometers mit einem Helium-Neon-Interferometer (HeNe) über eine Länge von 50 m. Aufgetragen sind die Differenzen der Wegmessung beider Geräte über den Längen des He-Ne Interferometers.

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