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Weltrekord bei Validierung einer Quantenstromquelle

PTB verifiziert die Quantisierung des Stromes einer Einzelelektronenpumpe mit bisher unerreichter Genauigkeit

27.11.2015

Einzelelektronenpumpen sind aussichtsreiche Kandidaten zur Realisierung eines zukünftigen Quantenstromnormals und Gegenstand intensiver metrologischer Forschung. Unter Einsatz eines neuartigen, höchstgenauen Stromverstärkers ist es PTB-Forschern gelungen, die Quantisierung des von einer Einzelelektronenpumpe gelieferten Stromes in der Größenordnung von 100 pA bislang unerreicht genau nachzuweisen: Innerhalb der relativen Messunsicherheit von nur 2 . 10-7 stimmte die Stromstärke mit dem erwarteten quantisierten Wert überein. Diese Messunsicherheit ist um etwa einen Faktor fünf geringer als bei zuvor erzielten Ergebnissen und damit erstmals besser als die bestmögliche Ampere-Realisierung im gültigen SI-Einheitensystem.

 

Einzelelektronenpumpen sind nanostrukturierte elektrische Schaltungen, die den getakteten Transport einzelner Ladungsquanten (Elektronen mit Elementarladung e) ermöglichen. In der PTB werden solche Schaltungen auf der Basis von Halbleiter-Heterostrukturen für zukünftige Anwendungen in der Metrologie hergestellt und erforscht. Bei Taktraten ƒ bis in den Gigahertz-Bereich können gemäß I = e . ƒ quantisierte Stromstärken I von mehr als hundert Pikoampere generiert werden. Bild 1 zeigt das schematische Funktionsprinzip. Einzelelektronenpumpen sind somit aussichtsreiche Kandidaten für Quantenstromquellen, mit denen die Stromstärkeeinheit nach der anstehenden Neudefinition des Ampere in Zukunft realisiert werden könnte (siehe auch PTB-News 2.2014).
Die PTB-Forscher setzten einen im eigenen Hause entwickelten höchstpräzisen Stromverstärker ein, der rückgeführt kalibriert wird („Ultrastable Low-noise Current Amplifier“, siehe auch PTB-News 1.2015). Er übertrifft die Genauigkeit bislang verfügbarer Pikoamperemeter etwa um das Hundertfache. Der von einer bei ƒ = 545 MHz betriebenen Einzelelektronenpumpe erzeugte Strom wurde mit dem neuen Instrument in Abhängigkeit von externen Kontrollparametern gemessen. Die relative systematische Unsicherheit bei diesen Strommessungen betrug nur 1,3 . 10-7.
Bild 2 zeigt die Messergebnisse unter Variation der Spannung an der Steuerelektrode, welche die rechte Barriere des „Quantentopfs“ der Elektronenpumpe ansteuert. Abhängig von der Messdauer pro Punkt wurden statistische Standardunsicherheiten von hinab bis zu 6 . 10-7 erreicht (in der Abbildung durch die Fehlerbalken symbolisiert). Innerhalb eines relativ großen Bereichs von etwa 11 mV wichen die Messwerte weniger als zwei Standardabweichungen vom Wert des Wendepunktes einer theoretischen Modellkurve  ab. Die Mittelung der Messwerte in diesem Plateaubereich - in der Abbildung als gestrichelter Rahmen eingezeichnet - lieferte schließlich das Endergebnis: Die relative Differenz zwischen generierter Stromstärke und dem quantisierten Nominalwert, also (I - e . ƒ)/(e . ƒ), betrug -0,94 ± 1,94 . 10-7. Es wurde somit nachgewiesen, dass die generierte Stromstärke innerhalb einer Gesamtunsicherheit von etwa 2 . 10-7 mit dem quantisierten Erwartungswert e .ƒ übereinstimmt - bei 545 Millionen transferierter Elektronen pro Sekunde entspricht dies einer Unsicherheit von nur rund 100 Elektronen. Das bedeutet eine Verringerung der Unsicherheit um etwa einen Faktor fünf gegenüber zuvor erreichten Messergebnissen.
Zudem übertrifft die bei dieser „Quanten-Ampere“-Demonstration erreichte Genauigkeit erstmals die bestmögliche experimentelle Darstellung des Ampere durch „klassische“ Experimente im gültigen SI-Einheitensystem: Diese erreicht eine Gesamtunsicherheit von 2,7 . 10-7.

 

            

Bild 1: Funktionsprinzip der untersuchten Einzelelektronenpumpe: Einzelne Elektronen, dargestellt als rote Kugeln, werden von einem „dynamischen Quantentopf“ (zwischen den „Hügeln“ der hier dargestellten Potentiallandschaft) von der einen Seite eines Leiters (im Bild von links) kommend eingefangen und zur anderen Seite hin ausgeworfen. Das Ganze wiederholt sich im Takt der Wechselspannung, die die linke Barriere des Quantentopfs anhebt und absenkt.

 

 

Bild 2: Präzisions-Strommessung an einer Einzelelektronen-Pumpe (ƒ = 545 MHz, entsprechend I = e.ƒ ≈87 pA) in Abhängigkeit von der Spannung an einer Steuerelektrode, dargestellt als relative Abweichung vom Nominalwert. Die Fehlerbalken an den mit unterschiedlichen Integrationszeiten gemessenen Punkten entsprechen statistischen Standardunsicherheiten. Zusätzlich gezeigt ist der Verlauf einer angepassten Theoriekurve. Die Strommesswerte im Plateaubereich (Daten innerhalb der grauen Box) wurden gemittelt und lieferten das Endresultat.

 

 

 

Wissenschaftliche Originalveröffentlichung:
F. Stein, D. Drung, L. Fricke, H. Scherer, F. Hohls, C. Leicht, M. Götz, C. Krause, R. Behr, E. Pesel, K. Pierz, U. Siegner, F.-J. Ahlers, H. W. Schumacher: „Validation of a quantized-current source with 0.2 ppm uncertainty“, Applied Physics Letters 107, 103501 (2015)

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