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Entwicklungen in der Nuklearmedizin: Wechselwirkung zwischen Klinik und Forschung

Kolloquium der Abteilung 6

In der Nuklearmedizin werden unter Verwendung physikalisch-technischer Verfahren offene radioaktive Stoffe zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken am Menschen eingesetzt. Hybridgeräte wie PET/CT und SPECT/CT finden zwar Verwendung in der klinischen Routine, erfahren jedoch eine kontinuierliche Weiterentwicklung, insbesondere in den Bereichen der Rekonstruktion und Korrektur (Absorption, Streustrahlung, Bewegung etc.). Der Einsatz von PET/MRT–Systemen wird zurzeit noch erprobt – so stellt bspw. die Durchführung der Absorptionskorrektur sowie die fehlende Möglichkeit des Einsatzes von Metallen eine Herausforderung dar. Die Einführung dedizierter Abbildungssysteme mit neuen Detektortechnologien (z. B. Halbleiterdetektoren), die teilweise mit mehreren Pinhole-Kollimatoren kombiniert werden, wirft ebenfalls Fragen auf. Ein weiteres Forschungsfeld bildet das Modelling, d. h. die Ermittlung der biochemischen Parameter mit Hilfe geeigneter physiologischer Modellvorstellungen. Voraussetzung hierfür ist die quantitative Datenanalyse, basierend auf der Kalibrierung des bildgebenden Systems und der Anwendung von Korrekturen. Quantitative Daten sind ebenfalls für die Dosimetrie erforderlich. Speziell in der nuklearmedizinischen Therapie versteht man unter der Dosimetrie die Bestimmung der zu applizierenden Therapieaktivität basierend auf der ermittelten effektiven Dosis und der Organdosis unter der Berücksichtigung der kritischen Organe. Diese Berechnungen werden mittels Standardkonzepten durchgeführt - perspektivisch wäre hier die Verwendung individueller Patientendaten wünschenswert. Derartige Ansätze gewinnen an Bedeutung, da neben der weiterhin dominanten Radiojod-Therapie immer mehr neue Therapieansätze verfolgt werden, wie z. B. das Lu-177-PSMA und die Y-90-SIRT. Neue diagnostische Verfahren oder Therapien erfordern auch neue Bewertungen hinsichtlich des Strahlenschutzes. So stellt sich bspw. die Frage nach der Entsorgung der kontaminierten Reststoffe, insbesondere für möglicherweise verunreinigte Nuklide. Im Bereich der Personendosimetrie ist derzeit die Abschätzung der Augenlinsendosis von Interesse. Entwicklungen in den Bereichen Physik und Radiopharmazie resultieren in neuen Verfahren. Damit entstehen Fragestellungen im klinischen Routinebetrieb, die wissenschaftliche Untersuchungen bedingen – es entstehen Wechselwirkungen zwischen Klinik und Forschung.