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Production sequence of Si-spheres and interferometrical determination of the sphere volume

Electron Microscopy

Working Group 5.24

Größenmessung von Nanopartikeln

Monte Carlo methods for simulating image contrast in SEM

 

Die Monte Carlo Methode ist ein numerisches Verfahren, um stochastische physikalische Vorgänge zu beschreiben, die nicht analytisch lösbar sind. Die Methode existiert schon so lange wie es elektronische Computer gibt, seit den 1970er Jahren hat sie auch in der Raster-Elektronenmikroskopie Einzug gehalten.

In der Rasterelektronenmikroskopie wird die Monte Carlo Methode verwendet, um die Diffusion von Elektronen im Festkörper sowie die Anregung und Emission von Sekundärelektronen zu simulieren. Dazu werden einzelne Elektronen-Trajektorien im Festkörper schrittweise berechnet, also jeweils von Streupunkt zu Streupunkt. Die Streuwinkel und die Weglänge zwischen den Streupunkten werden mit Zufallszahlengeneratoren aus bekannten Wahrscheinlichkeitsverteilungen „ausgewürfelt“ (siehe Abbildung 1.1), daher auch der Name Monte Carlo (nach dem gleichnamigen Spielcasino).

 



Abbildung 1.1: Links: Schrittweise Berechnung einer Elektronen-Trajektorie im Festkörper. Aus dem Streupunkt ( xn, yn, zn) wird unter Verwendung der Streuwinkel Θn und χn sowie der Weglänge sn+1 der nächste Streupunkt ( xn+1, yn+1, zn+1) berechnet. Rechts: Berechnung einiger Trajektorien in MOCASIM (für SiO2 und E = 5 keV).

Für die elastische Streuung werden quantenmechanische Mott-Streuquerschnitte verwendet, die insbesondere für niederenergetische Elektronen den klassischen Rutherford-Streuquerschnitten überlegen sind, da hier auch die Spin-Bahn-Wechselwirkung zwischen Strahlelektron und Festkörperatom berücksichtigt wird.

 

Abbildung 1.2: Verhältnis von quantenmechanischem Mott-Streuquerschnitt zu klassischem Rutherford-Streuquerschnitt für Bor, Silizium und Uran, jeweils für Energien von 0,1 keV – 50 keV. Abweichungen vom klassischen Streuquerschnitt treten besondes bei geringen Energien und hohen Ordnungszahlen auf.

In Abbildung 1.2 ist der Quotient aus Mott- und Rutherfordstreuquerschnitt für die Elemente Bor, Silizium und Uran und Energien von 0,1 keV – 50 keV abgebildet. Man erkennt, dass es besonders für schwere Elemente und kleine Energien zu starken Abweichungen (d.h. Quotient ungleich eins) vom klassischen Verhalten kommt.

Die inelastische Streuung wird üblicherweise über die Continuous Slowing Down Approximation (CSDA) nach Bethe modelliert. Dabei wird, statt eine Vielzahl von Einzelstreuungen mit geringem Energieverlust zu simulieren, von einem kontinuierlichen, energieabhängigen Energieverlust des Elektrons entlang seiner Bahn ausgegangen, dem Bremsvermögen (engl. Stopping Power).

Viele Monte Carlo Simulationen in dieser Arbeitsgruppe werden mit den Programmen MOCASIM [1] bzw. MONSEL-II [2] durchgeführt. MOCASIM wurde an der Universität Münster entwickelt, während Monsel eine Entwicklung des NIST (National Institute of Standards and Technology, USA) ist. MONSEL ist speziell für metrologische Aufgaben in der Halbleiterfertigung konzipiert und simuliert daher nur Linienstrukturen auf verschiedenen Substraten, während MOCASIM eine freie zweidimensionale Probengeometrie in einer Pixelmatrix speichert. Die höhere Flexibilität wird aber aufgrund der endlichen Matrixgröße mit einer geringeren Auflösung bei der Strukturdefinition erkauft. Daher wird in der PTB zurzeit ein neues Monte Carlo  Simulationsprogramm entwickelt.

In der dimensionellen Metrologie von Nanostrukturen werden Monte Carlo Simulationen eingesetzt, um:

  • Die Bildentstehung im REM systematisch zu analysieren und Bildkontraste zu optimieren (z.B. über die Auswahl der Strahlenergie oder die Detektoranordnung).
  • Synthetische Testbilder zu erstellen, die zur Überprüfungen von Bildverarbeitungs- und Auswertesoftware verwendet werden.
  • Algorithmen (Link zu Thema 3) zu entwerfen, mit denen Strukturinformationen (insbesondere Strukturbreiten) aus REM-Abbildungen von Nanostrukturen gewonnen werden.

Abbildung 1.3: links: Querschnitt durch eine Siliziumstruktur und simulierte Struktur; rechts: REM Abbildung derselben Struktur: oben reale Messung, unten Simulation.

Abbildung 1.3 zeigt ein Beispiel für eine Monte Carlo Anwendung in der Raster-Elektronenmikroskopie: Eine Silizium-Linienstruktur wurde als Querschnittsabbildung im REM abgebildet und daraus ein Monte Carlo Modell der Probe erstellt (in MOCASIM). Daraus wurde simuliert, wie die Probe „von oben“, also in der normalen REM-Perspektive aussieht und mit dem gemessenen Bild verglichen. Gemessene und simulierte Abbildung sind in guter Übereinstimmung.

[1] L. Reimer: MOCASIM – Ein Monte Carlo Programm für Forschung und Lehre, Beitr. Elektronenmikroskop. Direktabb. u. Analyse v. Oberfl., 29, pp.1-10, (1996) [2] J.R. Lowney: MONSEL-II: Monte Carlo Simulation of SEM Signals for Linewidth Metrology, Microbeam Analysis 4, pp. 131-136, (1995)

TSEM-Aufnahme von Nanopartikeln aus Silber zusammen mit der gemessenen Größenverteilung.
TSEM-Aufnahme von Nanopartikeln aus Silber zusammen mit der gemessenen Größenverteilung.

Eine detaillierte Betrachtung der Messunsicherheit, in die unter anderem Effekte der Kalibrierung, der Bildauswertung, des Schwellwerts, der Simulation, der Form sowie der Partikelauswahl eingehen, zeigt, dass es mit dem TSEM-Verfahren möglich ist, die mittlere Partikelgröße mit Standard-Unsicherheiten um 1 nm bzw. unter 2% zu bestimmen.

Die im Vergleich zu anderen Messtechniken hohe Genauigkeit des Verfahrens konnte für verschiedene Materialklassen in diversen internationalen Vergleichsmessungen unter Beweis gestellt werden.

Ansprechpartner: Tobias Klein

Opens external link in new windowVeröffentlichung "Traceable determination of the size of nanoparticles up to 500 nm by scanning electron  microscopy in transmission mode based on simulation"