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Heft 3: Elektrische Quantennormale für die Praxis

PTB-Mitteilungen 3/2016

Elektrische Quantennormale und praktische Messtechnik – Einführung und Übersicht

Die Metrologie, die Wissenschaft vom exakten Messen, nutzt in zunehmendem Maße Quanteneffekte und Quantentechniken [1]. Aufbauend auf den Fortschritten in der Atom- und Festkörperphysik, der Lasertechnik und Nanotechnologie sind Metrologen heute in der Lage, einzelne Quantenanregungen, wie Photonen, Elektronen oder Flussquanten, zu manipulieren und zu detektieren. Mithilfe dieses quantenmetrologischen Ansatzes lassen sich Einheiten auf Fundamentalkonstanten beziehen, so wie bereits im Jahre 1900 von Max Planck vorgeschlagen [2]. Derart definierte Einheiten sind universell, d. h. unabhängig von Artefakten, Materialeigenschaften und dem Ort. Eine etwaige zeitliche Drift ist vernachlässigbar. Sie ist durch eine etwaige zeitliche Änderung der Fundamentalkonstanten gegeben, für die nach heutiger Kenntnis eine obere Grenze im Bereich 10–16 pro Jahr angegeben werden kann [3]. Um diese Vorteile zu nutzen, plant die Meterkonvention, das Internationale System der Einheiten (SI) ab 2018 durch die Festlegung des Zahlenwertes von Konstanten zu definieren [4]. Die Bedeutung von Quantennormalen zur Darstellung und Weitergabe der SI Einheiten wird dadurch in Zukunft noch größer werden ...

Fertigungstechnologie für praxistaugliche Josephson-Spannungsnormale

In der elektrischen Metrologie spielen Quantennormale bei der Reproduzierung und Bewahrung elektrischer Einheiten eine wichtige Rolle. So wird die Einheit der elektrischen Spannung, das Volt, mithilfe eines Quantennormals reproduziert. Dieses Quanten-Spannungsnormal basiert auf dem Josephson-Effekt [1], der an Kontakten aus zwei schwach gekoppelten Supraleitern auftritt. Herzstück dieser Quanten-Spannungsnormale ist eine integrierte Reihenschaltung aus tausenden oder sogar zehntausenden Josephson-Kontakten. Die Verfügbarkeit dieser komplexen Schaltungen ist eng mit einer leistungsfähigen Technologie verknüpft, die ihre zuverlässige und reproduzierbare Herstellung ermöglicht.
Obwohl das Konzept eines Josephson-Spannungsnormals relativ einfach ist, ...

AC-Quantenvoltmeter für die Industrie

Die Bundesregierung beabsichtigt, mit der „Neuen Hightech-Strategie“ mehr Wachstum und Wohlstand durch Wissensvorsprung zu schaffen. Deutschland soll weiterhin Innovationsführer in internationalen Märkten sein. Dabei wird festgestellt, dass ein leistungsstarkes Messwesen Grundvoraussetzung hierfür ist. Denn: Nur das kann hochwertig produziert werden, was auch vermessen werden kann [1].
Die Darstellung und Weitergabe elektrischer Größen – hier der Einheit „Volt“ – nimmt aufgrund ihrer Bedeutung in Energie-, Steuerungs- und Digitaltechnik in dieser Strategie eine offensichtliche Rolle ein. Allerdings ist die Einführung der neuartigen Darstellungsform der Einheit „Volt“ komplex. Sie beruht auf Quanteneffekten, Lithografietechnologien und ultrakalten Bauelementen. Wie es fast 100 Jahre von der Entwicklung der Relativitäts­theorie zur Nutzung im Fahrzeug-Navigationssystem dauerte, so vergingen auch von der Postulierung des Josephson-Quanteneffektes bis zum ersten Transfer für eine wirtschaftliche Verwertung über drei Jahrzehnte, wie in der Tabelle 1 dargestellt. Heute jedoch nimmt in der elektrischen Quantenmetrologie die Entwicklung von Spannungsnormalen, die auf dem Josephson-Effekt beruhen, für einen größeren Anwenderkreis außerhalb der führenden Nationalen Metrologieinstitute (NMI) eine Vorreiterrolle ein ...

Das pulsgetriebene AC-Josephson-Spannungsnormal

Josephson-Spannungsnormale für Gleichspannungsanwendungen sind in der elektrischen Prä­zisionsmesstechnik fest etabliert. Der zunehmende Bedarf nach Referenzsignalen im Audio- und HF-Bereich (HF: Hochfrequenz) sowie von Rauschquellen hat zur Entwicklung von Josephson-Spannungsnormalen für Wechselspannungsanwendungen geführt. In diesem Beitrag werden quantengenaue Wechselspannungsquellen vorgestellt, die die Erzeugung beliebiger Wellenformen mit höchster spektraler Reinheit mit einer hohen Bandbreite von DC bis in den MHz-Bereich ermöglichen
(DC: direct current = Gleichstrom). Herzstück all dieser Josephson-Spannungsnormale ist eine Reihenschaltung aus vielen tausend Josephson-Kontakten, die bei Einstrahlung von Hochfrequenzstrahlung (Mikro­wellen) die Erzeugung hochgenauer Spannungswerte ermöglichen. Dabei treten in den Strom-Spannungs-Kennlinien Stufen konstanter Spannung, sogenannte Shapiro-Stufen (SS), auf. Anschaulich lassen sich diese Stufen durch den Transfer einer bestimmten Anzahl magnetischer Flussquanten durch die Josephson-Kontakte beschreiben ...

Impedanzmetrologie mit Josephson-Spannungsnormalen

Haben Sie heute schon ein Tablet oder ein Smartphone benutzt? Dann haben Sie bereits bei einer Impedanzmessung mitgemacht. Die Koordinaten der Berührungen werden aufgrund von Kapazitätsänderungen ermittelt. Widerstände, Induktivitäten und Kondensatoren sind den meisten Menschen ein Begriff. In der Elektrotechnik spricht man allgemeiner von Impedanzen, da man jedem dieser Bauteile einen frequenzabhängigen Wechsel­stromwiderstand (Impedanz Z ) zuordnen kann. Zum Beispiel die Kapazitätsänderung – verursacht durch den Druck auf eine bewegliche Elektrode in einem kapazitiven Drucksensor. Die Messung von Impedanzen spielt eine zentrale Rolle in der Messtechnik, da viele Sensoren andere Messgrößen in eine äquivalente Impedanz umwandeln, welche dann durch weitere Messtechnik erfasst wird3. Die am häufigsten anzutreffenden Impedanzmessungen messen Kapazitäten und elektrische Widerstände wie zum Beispiel bei Touchscreens ...

Herstellung von Graphen für die Metrologie

Was ist eigentlich Graphen und was hat das mit den Aufgaben der PTB zu tun? Nun, Graphen ist im Prinzip jedem bekannt, denn dabei handelt sich um eine oder wenige Lagen von Graphit, also dem Grundstoff von Bleistiftminen. Für Wissenschaftler aus vielen Disziplinen ist Graphen aber deshalb innerhalb weniger Jahre interessant geworden, weil es wegen seiner außergewöhnlichen Eigenschaften potenzielle Anwendungen in der Elektronik bis hin zur Medizin verspricht. In der Metrologie ist Graphen bereits angekommen, nämlich als Quantennormal für die Einheit des elektrischen Widerstandes, und es soll zukünftig auch helfen, die Reproduzierung dieser Einheit zu vereinfachen.
Wir erinnern uns: Die Einheit des elektrischen Widerstandes, das Ohm, wird mittels des Quanten-Hall-Effekts reproduziert und damit auf die Naturkonstanten h und e, das Planck’sche Wirkungsquantum und die Elementarladung, zurückgeführt. Um der Bedeutung dieses makroskopischen Quanteneffekts gerecht zu werden, wurde eine neue Konstante für den quantisierten Widerstandswert eingeführt, die nach ihrem Entdecker und Nobelpreisträger benannte von-Klitzing-Konstante RK ≡ h/e2. Nach internationalen Vergleichsmessungen wurde im Jahre 1990 die Konstante auf den Wert RK–90 = 25812,807 Ω festgelegt ...

Quanten-Widerstandsnormale aus Graphen

Der elektrische Widerstand R, das Verhältnis von angelegter Spannung und Stromstärke in einem leitfähigen Material, ist eine der wichtigsten physikalischen Messgrößen, und zwar aus fundamentaler wie auch aus praktischer Sicht.
Der fundamentale Grund für die Bedeutung der Größe Widerstand liegt in ihrer Rolle bei der Revision des Einheitensystems SI, die 2018 vollzogen werden soll. Wie im Folgenden erläutert, kann man einen Widerstand auf eine Kombination der Fundamentalkonstanten Planck’sches Wirkungsquantum h und Elementarladung e zurückführen. Zusammen mit der Größe der elektrischen Spannung U, die auf eine andere Kombination von h und e zurückgeführt werden kann (siehe weitere Beiträge in diesem Heft [1]), steht dann über die elektrische Leistung P = U²/R auch eine Methode zur Verfügung, mit der die Einheit der Masse, das Kilogramm, direkt auf den Wert von h zurückgeführt werden kann [2]. Für die Konsistenz des neuen SI ist diese Verbindung zwischen mechanischen und elektrischen Einheiten eine der tragenden Säulen ...

Quantenbasierte Messung und Erzeugung kleiner Stromstärken

Die elektrische Stromstärke (Größensymbol I ) hat eine metrologische Sonderstellung unter den elektrischen Größen, da ihre Einheit Ampere (Einheitensymbol A) die elektrische Basiseinheit im internationalen Einheitensystem (SI) ist. Die direkte Darstellung des Ampere entsprechend seiner noch gültigen SI-Definition beruht auf der Kraftwirkung zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern. Entsprechende experimentelle Realisierungen durch elektromechanische Apparaturen sind allerdings sowohl kompliziert als auch in ihrer Genauigkeit limitiert, sodass darauf beruhende Methoden in der Metrologie praktisch keine Rolle spielen [1]. Praktikable Methoden zur hochgenauen Stromstärkemessung und zur Stromerzeugung beruhen fast immer auf indirekten Verfahren. Meist macht man sich dabei zunutze, dass die Stromstärke mit den elektrischen Größen Spannung und Widerstand über das Ohm’sche Gesetz verknüpft ist und führt die Stromstärke auf diese beiden Größen zurück. Von besonderem Vorteil ist, dass für diese Größen bereits elektrische Quantennormale zur Verfügung stehen, welche die Reproduzierung der entsprechenden Größen unter Rückführung auf die Fundamentalkonstanten h (Planck’sches Wirkungsquantum) und e (Elementarladung) mit unübertroffener Genauigkeit erlauben. Auf diese beiden bereits metrologisch etablierten Quantennormale − das Quanten-Spannungsnormal beruhend auf dem Josephsoneffekt und das Quanten-Widerstandsnormal beruhend auf dem Quanten-Hall-Effekt − wird in anderen Artikeln dieses Hefts ausführlich eingegangen ...