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Heft 4: 100 Jahre Helmholtz-Fonds e.V. und 40 Jahre Helmholtz-Preis

PTB-Mitteilungen 4/2013

100 Jahre Helmholtz-Fonds e. V.

Festkolloquium am 20. September 2013
Hörsaal/Seminarzentrum der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig

Als die Vorgängerinstitution der PTB, die Physikalisch- Technische Reichsanstalt (PTR), ein Vierteljahrhundert alt war, beschlossen namhafte Wissenschaftler des PTR-Kuratoriums, einen Fonds zur Förderung und Unterstützung der Reichsanstalt zu gründen. Der Helmholtz-Fonds e. V., so benannt nach dem ersten PTR-Präsidenten, steht seitdem der metrologischen Forschung und Entwicklung hilfreich zur Seite.

Im Jahr 2013 feierte der Fonds sein 100-jähriges Jubiläum mit einem Festkolloquium am 20. September 2013 im Hörsaal der PTB in Braunschweig. Neben Übersichtsvorträgen zur Geschichte und Bedeutung des Fonds hielten drei Wissenschaftler, deren Arbeiten in der Vergangenheit mit dem Helmholtz- Preis ausgezeichnet wurden, je einen Kurzvortrag aus dem Umfeld ihrer preisgekrönten Arbeit. Im Anschluss an dieses Kolloquium fand ein Empfang im Foyer des Hörsaals statt. Das detaillierte Programm des Tages ist hier noch einmal aufgeführt.

Zur heutigen Bedeutung des Helmholtz-Fonds

Ernst O. Göbel

1 Die Gründungszeit
Die Gründung des Helmholtz-Fonds geht zurück auf Emil Warburg, Präsident der Physikalisch- Technischen Reichsanstalt (PTR) von 1905 bis 1918. Warburg war der dritte Präsident nach Hermann von Helmholtz und Friedrich Kohlrausch. Hermann von Helmholtz, der Reichskanzler der deutschen Wissenschaft, wie er damals genannt wurde, hatte die Reichsanstalt nach den Vorstellungen etabliert, die er gemeinsam mit Werner von Siemens entwickelt hatte. Friedrich Kohlrausch, der „Meister der messenden Physik“, so eine Bezeichnung von Willy Wien, übernahm nach dem Tode von Helmholtz‘ das Präsidentenamt. Er setzte die Helmholtz’schen Pläne konsequent fort und führte das junge Institut zur „institutionellen Reife“, wie David Cahan es in seinem Buch „Meister der Messung“ ausführt. 1905 wurde dann Kohlrausch, gesundheitlich schwer angegriffen, von Emil Warburg abgelöst.

Helmholtz-Preis – Für herausragende Arbeiten in der Metrologie

Der mit 20 000 € dotierte Helmholtz-Preis ist die bedeutendste deutsche Auszeichnung in der Metrologie. In der Regel alle zwei Jahre ehren der Helmholtz-Fonds und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit ihm hervorragende wissenschaftliche und technologische Forschungsarbeiten auf dem Fachgebiet „Präzisionsmessung in Physik, Chemie und Medizin“.

Magnetische Feldstärken mit Licht gemessen

HELMHOLTZ-PREIS 1973 (Preisverleihung am 19.02.1974)
Dr.-Ing. Werner Farr für die Arbeit „Ein Rubidium-Magnetometer zur Messung von magnetischen Feldstärken im weiten Bereich und mit hoher Empfindlichkeit“

Der Helmholtz-Preis wurde erstmals 1973 anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Helmholtz-Fonds ausgerufen. Mit ihm sollte eine Arbeit der „Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Präzisionsmessung physikalischer Größen“ prämiert werden. Die mit 5 000 DM dotierte Auszeichnung erhielt 1974 als erster der Elektroingenieur und Physiker Dr.-Ing. Werner Farr für seine Arbeit „Ein Rubidium- Magnetometer zur Messung von magnetischen Feldstärken im weiten Bereich und mit hoher Empfindlichkeit“. Er hatte am 1. Physikalischen Institut der Universität Heidelberg im Rahmen seiner von Ernst Otten betreuten Promotionsarbeit ein miniaturisiertes Präzisionsmagnetometer entwickelt, das nach dem Prinzip des optischen Pumpens arbeitete.

Stabile Gleichstrom- und Gleichspannungsquelle

HELMHOLTZ-PREIS 1975 (Preisverleihung am 08.03.1977)
Dr.-Ing. Bruno Fuhrmann, Dr. Volkmar Kose für die Arbeit „Genaue und langzeitstabile elektrische Gleichstrom- und Gleichspannungsquelle“

Der britische Physiker Brian Josephson sagte 1962 einen überraschenden Effekt zwischen schwach gekoppelten Supraleitern voraus, der die Reproduzierung von Einheitsspannungen mit hoher Präzision ermöglicht. Diesen Josephson-Effekt beobachtet man an einem stromdurchflossenen Kontakt aus zwei heliumgekühlten Supraleitern, die durch eine dünne nichtleitende oder normalleitende Schicht getrennt sind. Strahlt man eine Mikrowelle mit der Frequenz f auf diesen Kontakt, so zeigt seine Strom-Spannungs-Kennlinie Stufen konstanter Spannung Un = n ∙ KJ –1 ∙ ƒ. Die Josephson-Konstante KJ = 2e/h (mit der Elektronenladung e und der Planck-Konstante h) beträgt etwa 5 ∙ 1014 Hz/V. Mit Frequenzen von 10 bis 70 GHz kann man auf diese Weise Spannungen von einigen 100 μV erzeugen. Pionierarbeit bei der Erstellung eines Josephson- Spannungsnormals leisteten Dr.-Ing. Bruno Fuhrmann von der TU Braunschweig und Dr. Volkmar Kose von der PTB Braunschweig, die für ihre Arbeit „Genaue und langzeitstabile elektrische Gleichstrom- und Gleichspannungsquelle“ mit dem Helmholtz-Preis 1975 ausgezeichnet wurden. Zugleich wurde damit die erfolgreiche Zusammenarbeit zweier Wissenschaftler aus der universitären und der außeruniversitären Forschung gewürdigt.

Mikroskopie mit interferierenden Elektronenwellen

HELMHOLTZ-PREIS 1977 (Preisverleihung am 20.03.1979)
Dr. Hannes Lichte für die Arbeit „Ein Elektronen-Auflicht-Interferenzmikroskop zur Präzisionsbestimmung von Unebenheiten und Potentialunterschieden auf Oberflächen“

Verglichen mit dem Lichtmikroskop erreicht ein Elektronenmikroskop eine erheblich höhere Lateralauflösung, da die Wellenlänge der zur Abbildung benutzten Elektronen (die eine Energie von einigen 10 keV haben) nur ein 100 000-stel der Lichtwellenlänge beträgt. Hingegen waren die Elektronenmikroskope bei der Tiefenauflösung den Lichtmikroskopen lange Zeit klar unterlegen. Das änderte sich, als mit Hilfe von interferierenden Elektronenwellen auf Oberflächen Unebenheiten und Strukturen sichtbar gemacht werden konnten, deren Höhe kleiner als 1 Nanometer war. Den Durchbruch auf diesem Gebiet hat Dr. Hannes Lichte mit dem Aufbau eines Interferenzmikroskops für Elektronenwellen geschafft. Für seine Arbeit „Ein Elektronen-Auflicht- Interferenzmikroskop zur Präzisionsmessung von Unebenheiten und Potentialunterschieden auf Oberflächen“ erhielt er den Helmholtz-Preis 1977.

Laserfrequenz präzise gemessen

HELMHOLTZ-PREIS 1980 (Preisverleihung am 26.06.1980)
Dr. David J. E. Knight, Dr. Gordon J. Edwards, Peter R. Pearce, Nigel R. Cross für die Arbeit „A ± 3 parts in 1011 measurement of the frequency of the methane-stabilized, helium-neon laser at 88 THz“

Der 1980 zum vierten Mal verliehene Helmholtz-Preis war ein Sonderpreis. Er wurde anlässlich der in diesem Jahr in Braunschweig stattfindenden „Conference on Precision Electromagnetic Measurements“ (CPEM 80) für die beste auf dieser Konferenz vorgetragene Arbeit ausgeschrieben. Diese mit 5000 DM dotierte Auszeichnung erhielten die vier englischen Physiker Dr. David J. E. Knight, Dr. Gordon J. Edwards, Peter R. Pearce und Nigel R. Cross, die am National Physical Laboratory (NPL) in Teddington, England, arbeiteten. In ihrem Vortrag mit dem Titel „A ± 3 parts in 1011 measurement of the frequency of the methane-stabilized, helium-neon laser at 88 THz” berichteten sie, wie sie die Frequenz eines He-Ne-Lasers, stabilisiert mit Hilfe einer Absorptionslinie des Methans bei 3,39 μm Wellenlänge, mit einer zuvor unerreichten Genauigkeit von 2 kHz bestimmt hatten.

Hochpräzises Laserfrequenznormal im Sichtbaren

HELMHOLTZ-PREIS 1981 (Preisverleihung am 16.03.1981)
Dr. Frank Spieweck für die Arbeit „Entwicklung eines Laser-Frequenznormals hoher Präzision im sichtbaren Spektralbereich bei 582 THz“

Wie schon der vierte so wurde auch der fünfte Helmholtz-Preis für Präzisionsmessungen im Bereich der Laserphysik vergeben. Die mit 5000 DM dotierte Auszeichnung ging 1981 an Dr. Frank Spieweck von der PTB Braunschweig für seine Arbeit „Entwicklung eines Laser-Frequenznormals hoher Präzision im sichtbaren Spektralbereich bei 582 THz“. Für die Messung von Längen mittels Interferenz haben frequenz- oder wellenlängenstabilisierte Laser eine herausragende Bedeutung. Da für eine Längenmessung durch Lichtinterferenz mehrere verschiedene Lichtwellenlängen benötigt werden, hatte man in der PTB seit 1968 an der Stabilisierung nicht nur einer roten Laserlinie gearbeitet, wie sie der jodstabilisierte He-Ne-Laser liefert, sondern auch einer grünen Laserlinie. Ab 1972 wurden mit Hilfe von Jodmolekül-Absorptionslinien auch Argonionen-Laser stabilisiert, deren grüne Linie bei 582 THz im Jahr 1975 mit hoher Genauigkeit bestimmt werden konnte. Nach Vergleichsmessungen mit PTB-Lasern in England und Frankreich wurde der Wellenlängenwert der Linie, der bei 514,5 nm liegt, 1979 international empfohlen. Allerdings hatten unabhängige Frequenzmessungen, die am MIT und am Laboratoire de Physique des Lasers (LPL) in Paris durchgeführt worden waren, für eine bestimmte Hyperfeinstrukturkomponente der Linie eine überraschend große Differenz von 43,5 kH ergeben. Diese Diskrepanz aufzuklären, war ein Ziel der Arbeit von Frank Spieweck.

Nützlicher Quanten-Hall-Effekt

HELMHOLTZ-PREIS 1983 (Preisverleihung am 14.03.1983)
Dipl.-Phys. Günther Ebert, Dipl.-Phys. Thomas Herzog, Dipl.-Phys. Harald Obloh, Dipl.-Phys. Bert Tausendfreund für die Arbeit „Zur Anwendung des Quantisierten Hall-Effektes in der Metrologie“

Wie schon der Josephson-Effekt (s. Helmholtz-Preis 1975) so stellt auch der Quanten-Hall-Effekt einen Zusammenhang her zwischen makroskopischen elektrischen Größen einerseits und den Naturkonstanten e (Elementarladung) und h (Planck- Konstante) andererseits. Klaus von Klitzing fand mit dem Quanten-Hall-Effekt, den er 1980 entdeckte, einen neuen Weg, elektrische Widerstandswerte mit sehr hoher Genauigkeit zu realisieren. Wird eine dünne, stromdurchflossene Schicht („zweidimensionales Elektronengas“) bei sehr tiefen Temperaturen einem starken Magnetfeld ausgesetzt, das senkrecht zur Schicht steht, so zeigt der Hall-Widerstand RH, also der Quotient aus Hall-Spannung und Stromstärke, bei Änderung des Magnetfeldes eine stufenförmige Kennlinie. Auf den Stufen ist der Hall-Widerstand konstant mit den diskreten Werten: RH = RK/i (i = 1,2,...), die man mit hoher Genauigkeit reproduzieren kann. Die Größe RK, die „von Klitzing-Konstante“, ist durch RK = h/e2 gegeben. Ihr Wert beträgt etwa 25,8 kΩ. Die sich aus dem Quanten-Hall-Effekt ergebende Möglichkeit zur Realisierung von Widerstandswerten wurde schon 1980 von der PTB und anderen Metrologie-Instituten aufgegriffen. Welche physikalischen Systeme sich am besten für eine Präzisionsmessung der von Klitzing-Konstanten RK eignen, untersuchten die vier Diplomphysiker Günther Ebert, Thomas Herzog, Harald Obloh und Bert Tausendfreund als Doktoranden bei von Klitzing. Für ihre Arbeit „Zur Anwendung des Quantisierten Hall-Effektes in der Metrologie“ wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 1983 ausgezeichnet, der mit 5 000 DM dotiert war.

Gefangene Ionen als Frequenzstandard

HELMHOLTZ-PREIS 1985 (Preisverleihung am 25.03.1985)
Prof. Dr. Günter Werth für die Arbeit „Der Ionenkäfig als Frequenzstandard“

Obwohl Cäsiumatomuhren schon 1955 entwickelt wurden, sind sie bis heute maßgeblich für die Zeitmessung. Seit 1967 definiert man die Sekunde als „das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung“. In einer Cäsiumuhr fallen die Atome in einer Fontäne durch einen Mikrowellenresonator, dessen Frequenz dabei auf die atomare Anregungsfrequenz abgestimmt wird. Doch schon früh hatte die Suche nach Alternativen zur Cäsiumuhr begonnen. So verfolgte Günter Werth an der Universität Mainz Ende der 1970-er Jahre den Ansatz, für eine Atomuhr ionisierte Atome in einem Ionenkäfig, einer „Paul-Falle“, mit elektrischen Feldern festzuhalten. Dadurch waren sie vor Stößen und anderen störenden Umwelteinflüssen viel besser geschützt als die Atome in der Cäsiumuhr. Zudem konnte man die Atome nahezu beliebig lange beobachten. Beides sollte eine genauere Frequenzmessung ermöglichen. Für seine Arbeit „Der Ionenkäfig als Frequenzstandard“ erhielt Prof. Dr. Günter Werth den mit 8 000 DM dotierten Helmholtz-Preis 1985.

Elektronenspeicherring als primäres Strahlungsnormal

HELMHOLTZ-PREIS 1987 (Preisverleihung am 14.05.1987)
Dr. Fritz Riehle, Prof. Dr. Burkhard Wende für die Arbeit „Ein Elektronenspeicherring als primäres Strahlungsnormal zur Realisierung strahlungsoptischer Einheiten“;

Anlässlich des 100. Jubiläums der PTR/PTB wurde der Helmholtz- Preis 1987 in drei Themenbereichen vergeben. Im Bereich „Präzisionsmessung physikalischer Größen“ ging die Auszeichnung an Dr. Fritz Riehle und Prof. Dr. Burkhard Wende von der PTB Berlin für ihre Arbeit „Ein Elektronenspeicherring als primäres Strahlungsnormal zur Realisierung strahlungsoptischer Einheiten“. Als Max Planck 1900 seine berühmte Strahlungsformel aufstellte, konnte er auf die genauen Messungen der Hohlraumstrahlung zurückgreifen, die an der PTR in Berlin durchgeführt worden waren. Von Plancks Strahlungsformel ausgehend, verwendete man zur Darstellung spektraler Strahlungsleistungen zunächst Hochtemperatur-Hohlraumstrahler als primäre Strahlungsnormale. Bei kurzen Wellenlängen unterhalb von 250 Nanometer ist die Emission dieser Strahler jedoch zu schwach, als dass sie sich für ein Strahlungsnormal nutzen ließen. Im Gegensatz dazu emittieren Elektronenspeicherringe intensive Synchrotronstrahlung vom sichtbaren Spektralbereich bis zum Röntgenbereich. Die spektrale Verteilung dieser Strahlung hängt nur von wenigen Parametern ab und wird durch eine Formel gegeben, die Julian Schwinger 1949 für die Strahlungsemission radial beschleunigter relativistischer Elektronen aus den Gesetzen der klassischen Elektrodynamik abgeleitet hatte.

Hirnstamm-Magnetfelder erstmals gemessen

HELMHOLTZ-PREIS 1987 (Preisverleihung am 14.05.1987)
Dr. Sergio N. Erné, Prof. Dr. Manfried Hoke für die Arbeit „Auditorisch evozierte Hirnstamm-Magnetfelder, ausgelöst durch Stimulation mit kurzen Tonimpulsen“

Der Helmholtz-Preis wurde 1987 zum ersten Mal für eine Arbeit im Bereich „Physikalische Messtechnik in Medizin, Strahlen- und Umweltschutz“ vergeben. Er ging an Dr. Sergio N. Erné von der PTB Berlin und Prof. Dr. Manfried Hoke von der Universität Münster für ihre Arbeit „Auditorisch evozierte Hirnstamm-Magnetfelder, ausgelöst durch Stimulation mit kurzen Tonimpulsen“. Ihnen war es gelungen, Magnetfelder von nur einigen Femto-Tesla (10–15 Tesla) zu messen, die im Hirnstamm durch akustische Anregung erzeugt worden waren. Dies waren die schwächsten biomagnetischen Signale, die man bis dahin gemessen hatte.

Turbulente Explosionen

HELMHOLTZ-PREIS 1987 (Preisverleihung am 14.05.1987)
Dr. Hans Förster, Dr. Henrikus Steen für die Arbeit „Untersuchungen zum Ablauf turbulenter Gasexplosionen“

Im Jahr 1987 wurde mit dem Helmholtz-Preis zum ersten Mal eine Arbeit im Bereich „Physikalische Sicherheitstechnik“ prämiert: Dr. Hans Förster und Dr. Henrikus Steen von der PTB Braunschweig erhielten die Auszeichnung für ihre „Untersuchungen zum Ablauf turbulenter Gasexplosionen“. Ein gasförmiges Gemisch aus Treibstoff und Luft, das sich entzündet, explodiert wesentlich heftiger wenn es turbulent strömt als wenn es ruht oder laminar fließt. Solche Turbulenzen können z. B. dort entstehen, wo das Gemisch in einem Rohr eine Engstelle passiert oder durch ein Leck ausströmt. Untersuchungen von Explosionen haben gezeigt, dass die Verbrennungsgeschwindigkeit, mit der die Verbrennung in der Mischung vorankommt, im turbulenten Fall viel größer ist als im laminaren. Wie Explosionen in turbulenten Gemischen ablaufen und wie sie von den charakteristischen makroskopischen Längenskalen der Turbulenz beeinflusst werden, untersuchten Hans Förster und Henrikus Steen mit an der PTB durchgeführten Explosionsexperimenten.

Planarer Vielfachthermokonverter

HELMHOLTZ-PREIS 1990 (Preisverleihung am 19.03.1990)
Dr.-Ing. Manfred Klonz, Dipl.-Phys. Thomas Weimann für die Arbeit „Entwurf und Optimierung eines planaren Vielfachthermokonverters zur präzisen Rückführung des Effektivwertes von Wechselgrößen auf äquivalente Gleichgrößen“

Die Werte von elektrischen Gleichspannungen und Widerständen lassen sich mit Hilfe des Josephson- bzw. des Quanten-Hall-Effekts mit einer relativen Unsicherheit von 10–9 reproduzieren. Für Wechselspannungen und Wechselstromstärken, die in der Messtechnik mindestens ebenso wichtig sind, gibt es keine genauen Realisierungen. Man führt deshalb die Wechselgrößen auf äquivalente Gleichgrößen zurück (AC-DC-Transfer), indem man z. B. die von einem Wechselstrom in einem Heizdraht hervorgerufene Temperaturerhöhung mit der von einem Gleichstrom bekannter Größe verursachten Erhöhung der Temperatur vergleicht. Für diese Aufgabe benutzt man Thermokonverter, in denen die Temperaturerhöhung des Heizdrahtes durch zahlreiche hintereinandergeschaltete Thermoelemente gemessen wird. Die früher gebräuchlichen Thermokonverter hatten einen komplizierten dreidimensionalen Aufbau. Sie mussten in Handarbeit unter dem Mikroskop hergestellt werden und waren deshalb ungeeignet für eine Massenfertigung, die der großen Nachfrage seitens der Kalibrierdienste und der Nationalen Metrologieinstitute hätte nachkommen können. Demgegenüber entwickelten Dr.-Ing. Manfred Klonz und Dipl.- Phys. Thomas Weimann von der PTB einen Thermokonverter, der sich mit Dünnschichttechniken herstellen ließ, wie sie in der Halbleiterindustrie eingesetzt werden. Für diese Arbeit wurde ihnen der mit 10 000 DM dotierten Helmholtz-Preis 1990 im Bereich „Präzisionsmessung physikalischer Größen“ verliehen.

Ein Resonanzionisations-Massenspektrometer auf Spurensuche

HELMHOLTZ-PREIS 1990 (Preisverleihung am 19.03.1990)
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kluge, Prof. Dr. Norbert Trautmann für die Arbeit „Ein Resonanzionisations-Massenspektrometer als analytisches Instrument für die Spurenanalyse“

Der Nachweis von extrem geringen Mengen giftiger oder radioaktiver Stoffe ist eine wichtige Aufgabe für die „Physikalische Messtechnik in Medizin und Umweltschutz“. In diesem Bereich wurden der Physiker Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kluge und der Chemiker Prof. Dr. Norbert Trautmann, beide von der Universität Mainz, für ihre interdisziplinäre Arbeit „Ein Resonanzionisations-Massenspektrometer als analytisches Instrument für die Spurenanalyse“ mit dem Helmholtz- Preis 1990 geehrt. Das von ihnen entwickelte Gerät vereinte die Vorzüge der Massenspektrometrie und der resonanten Ionisationsanregung von Atomen mittels Laserlicht für den hochempfindlichen element- und isotopenspezifischen Nachweis.

Durchzündende Wirkung

HELMHOLTZ-PREIS 1990 (Preisverleihung am 19.03.1990)
Dr. Karl-Heinz Overhoff für die Arbeit „Zum Durchzündverhalten von Tauchsicherungen“

Im Bereich „Physikalische und chemische Sicherheitstechnik“ wurden 1990 zwei Arbeiten mit dem Helmholtz-Preis ausgezeichnet. Die erste war eine Untersuchung zum „Durchzündverhalten von Tauchsicherungen“ von Dr. Karl-Heinz Overhoff, die aus seiner an der TU Dortmund angefertigten Dissertation hervorgegangen war. Eine Tauchsicherung verhindert das Übergreifen einer Flamme von einem explosionsgefährdeten Gasraum auf den Gaszulauf, indem sie das Gas durch eine Wasserschicht leitet. Dabei steigt das Gas in Form einzelner Bläschen zur Wasseroberfläche auf, wird im darüber liegenden Raum gesammelt und weitertransportiert. Tauchsicherungen werden u. a. eingesetzt, um bei der Ableitung explosiver Abgase aus Chemieanlagen und ihrer anschließenden Verbrennung sicherzustellen, dass es nicht zu Rückzündungen in die Produktionsanlagen kommt. Trifft eine Flamme von oben auf die Wasserschicht der Tauchsicherung, so sollen die Wasserwände zwischen den Blasen ein Fortpflanzen der Flamme und ihr Übergreifen auf die Zuleitung verhindern. Bei hoch reaktiven Gasen kann es jedoch schon bei niedrigen Belastungen der Tauchsicherung zum Durchzünden kommen.

Heterogene Detonationen

HELMHOLTZ-PREIS 1990 (Preisverleihung am 19.03.1990)
Dr. Bodo Plewinsky für die Arbeit „Heterogene Detonationen und indirekte Zündvorgänge“

Die zweite Arbeit, die im Bereich „Physikalische und chemische Sicherheitstechnik“ mit dem Helmholtz-Preis 1990 ausgezeichnet wurde, behandelte „Heterogene Detonationen und indirekte Zündvorgänge“. Sie war von Dr. Bodo Plewinsky von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin verfasst worden. Heterogene Detonationen laufen in heterogenen Systemen ab, die aus zwei oder mehr Phasen bestehen. Sie treten an Flüssigkeitsfilmen, aber auch an den Oberflächen kompakter Flüssigkeitsschichten, in Aerosolen, in Stäuben oder an einem Docht auf.

Der Anlass für Plewinskys Untersuchungen war ein Unfall im Labor eines deutschen Chemiewerkes. Dort wollte man Tetramethyl-dihydrogen-disiloxan (TMDS), das einen Docht benetzte, in einer kalorimetrischen Bombe in reinem Sauerstoff bei einem Druck von ca. 40 bar verbrennen. Obwohl für das Gas, das den Docht umgab, eigentlich keine Explosionsgefahr bestand, da die Zusammensetzung der Gasphase oberhalb der oberen Explosionsgrenze lag, kam es beim Zündvorgang zu einer heftigen Detonation in der Bombe, die diese völlig zerstörte. Plewinsky wiederholte das Experiment in abgewandelter Form. Er verfolgte mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, die bis zu 24 000 Bilder in der Sekunde aufnahm, wie sich an einem mit TMDS benetzten Baumwolldocht nach der Zündung in reinem Sauerstoff die Flamme ausbreitete und wie es dann zu einer Dochtdetonation kam.

Ein neuartiger Ozonsensor

HELMHOLTZ-PREIS 1993 (Preisverleihung am 15.03.1993)
Dr. Hans Güsten, Prof. Dr. Ulrich Schurath für die Arbeit „Ein neuartiger Ozonsensor für vielfältige Anwendungen in der Umwelt“

Ozon ist ein allgegenwärtiger, wenn auch rarer Bestandteil der Erdatmosphäre. Am Erdboden in reiner Luft enthält jeder Kubikmeter Luft ca. 30 mm3 Ozon, was einem Mischungsverhältnis von 30 ppb (parts per billion) entspricht. Während die direkte Wirkung dieses Gases in höherer Konzentration auf Lebewesen schädlich ist, bildet das stratosphärische Ozon einen lebenswichtigen Schutzschild gegen die gefährliche UV-Strahlung der Sonne. Veränderungen des Ozongehalts in allen Schichten der Atmosphäre sind deshalb von großem Interesse und sollten zuverlässig gemessen werden. Einen hochempfindlichen, kompakten und schnell ansprechenden Ozonsensor entwickelten Dr. Hans Güsten vom Kernforschungszentrum Karlsruhe und Prof. Dr. Ulrich Schurath von der Universität Bonn Anfang der 1990er Jahre. Für ihre Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 1993 im Bereich „Physikalische Messtechnik in Medizin und Umweltschutz“ ausgezeichnet.

Sehr genaue Frequenzmessung am Wasserstoff

<strongHELMHOLTZ-PREIS 1993 (Preisverleihung am 15.03.1993)<br /> Dipl.-Phys. Thomas Andreae, Dipl.-Phys. Wolfgang König, Dipl.-Phys. Dietrich Leibfried, Dr. Ferdinand Schmidt-Kaler, Dr. Robert Wynands für die Arbeit „Absolute Frequenzmessung des 1S-2S-Übergangs in atomarem Wasserstoff und ein neuer Wert für die Rydberg-Konstante“

Von allen Atomen hat das Wasserstoffatom den einfachsten Aufbau, da es nur aus einem Proton und einem Elektron besteht. Dadurch ist es im Rahmen der Quantenelektrodynamik möglich, die atomaren Anregungsfrequenzen des Wasserstoffs mit sehr hoher Genauigkeit zu berechnen. Ein Vergleich der theoretischen Resultate mit den Ergebnissen von Präzisionsmessungen gestattet es, einerseits die Theorie zu überprüfen und andererseits Naturkonstanten wie die Rydberg-Konstante mit großer Präzision zu bestimmen.

Mindestzündenergie von Pulverlacken

HELMHOLTZ-PREIS 1993 (Preisverleihung am 15.03.1993)
Dr. Ulrich von Pidoll, Dr. Helmut Krämer für die Arbeit „Die Mindestzündenergie von Pulverlacken für die elektrostatische Pulverbeschichtung“

Das lösungsmittelfreie Lackieren mit Pulverlacken wird wegen seiner Wirtschaftlichkeit und seiner hervorragenden Lackierergebnisse vielfältig eingesetzt, u. a. in der Haushaltsgerätefertigung und in der Automobilproduktion. Bei diesem Verfahren wird ein Gemisch aus Luft und Lackpartikeln, die durch eine Hochspannung elektrisch aufgeladen werden, von einem elektrostatischen Feld auf das zu lackierende Werkstück gelenkt. Das beschichtete Werkstück wird anschließend in einem Ofen erhitzt, so dass die Pulverteilchen schmelzen und eine gleichmäßige Lackschicht bilden. Wenn das leicht entzündliche Pulverlack-Luft-Gemisch in der Sprühpistole die Hochspannungselektrode passiert, muss sichergestellt sein, dass eventuell auftretende elektrische Entladungen von der Elektrode keine Explosion auslösen. Früher erfolgte dies durch eine Zündprüfung der Sprühpistole in einem explosionsfähigen Methan-Luftgemisch, heute wird die Entladeenergie weltweit nach einem Vorschlag von Ulrich von Pidoll mit einer speziellen Elektrode, die an ein Oszilloskop angeschlossen ist, rein elektrisch bestimmt. Die Betriebssicherheit der Sprühpistole ist gewährleistet, wenn deren maximal mögliche Entladeenergie niedriger ist als die Mindestzündenergie aller in der Praxis verwendeten Pulverlacke. Hierzu bestimmten Dr. Ulrich von Pidoll und Dr. Helmut Krämer von der PTB die Mindestzündenergie einer großen Zahl von unterschiedlichen Pulverlacken und untersuchten systematisch, von welchen physikalischen und chemischen Eigenschaften der Pulverlacke sie abhing. Sie konnten eine allgemeingültige Formel entwickeln, mit der sich die Mindestzündenergie von Pulverlacken hinreichend genau berechnen lässt. Für diese Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis

Schwingungen im Innenohr dreidimensional gemessen

HELMHOLTZ-PREIS 1996 (Preisverleihung am 15.04.1996)
Dipl.-Ing. Werner Hemmert für die Arbeit „Dreidimensionale Schwingungsmessungen im Innenohr: Aufklärung der Frequenzselektivität des Gehörs“

Bei der Schallverarbeitung im Innenohr treten komplexe Vorgänge auf. Die vom Trommelfell aufgenommenen Schallschwingungen lösen in der Hörschnecke oder Cochlea eine Wanderwelle aus, die im Corti-Organ von motorischen Sinneszellen mit scharfer Frequenzabstimmung verstärkt wird. Diese Sinneszellen, die sogenannten äußeren Haarsinneszellen, sind im Innenohr zwischen zwei schwingende Membranen eingebettet, der Basilarmembran und der Tektorialmembran. Die Verstärkung beruht auf der einzigartigen Eigenschaft dieser Zellen, in Reaktion auf die Wanderwelle ihre Länge schnell verändern zu können. Das auf diese Weise für einen bestimmten Frequenzbereich lokal verstärkte Signal wird dann von den benachbarten inneren Haarsinneszellen aufgenommen und an der Synapse in Nervenimpulse umgewandelt, die zum Gehirn geleitet werden. Wie sich das schwingende System aus Tektorialmembran und äußeren Haarzellen bewegt, untersuchte Dipl.-Ing. Werner Hemmert von der Universität Tübingen mit Hilfe einer von ihm entwickelten Messapparatur, welche die schallinduzierten Schwingungen in drei Dimensionen optisch erfasste. Für seine Arbeit, die im Rahmen seiner Dissertation entstand, wurde er mit dem Helmholtz-Preis 1996 im Bereich „Physikalische Messtechnik in Medizin und Umweltschutz“ ausgezeichnet.

Feinstrukturkonstante neutronisch gemessen

HELMHOLTZ-PREIS 1996 (Preisverleihung am 15.04.1996)
Dr. Eckhard Krüger, Dr. Wolfgang Nistler, Dr. Winfried Weirauch für die Arbeit „Bestimmung der Feinstrukturkonstanten durch Messung des Quotienten aus Planck-Konstante und Neutronenmasse“

Die Feinstrukturkonstante α bestimmt die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung. Man hat die Größe dieser wichtigen Naturkonstante auf verschiedene Weise ermittelt: anhand der Hyperfeinstruktur myonischer Atome, durch Messung des magnetischen Moments des Protons oder des Elektrons sowie über den Quanten-Hall-Effekt. Auf gänzlich andere Weise ermittelten Dr. Eckhard Krüger, Dr. Wolfgang Nistler und Dr. Winfried Weirauch die Feinstrukturkonstante, indem sie an Neutronen Geschwindigkeitsmessungen durchführten. Die drei an der PTB beschäftigten Physiker wurden für ihre Arbeit mit dem Helmholtz-Preis 1996 im Bereich „Präzisionsmessung physikalischer Größen“ ausgezeichnet.

Schnelle dreidimensionale Strömungsmessung

HELMHOLTZ-PREIS 1996 (Preisverleihung am 15.04.1996)
Dipl.-Ing. Aymeric Derville, Dr. Christian Willert, Dr. Markus Raffel, Dr. Jürgen Kompenhans für die Arbeit „On the development of a digital evaluation system for three-dimensional particle image velocimetry“

Geschwindigkeitsfelder in strömenden Gasen oder Flüssigkeiten lassen sich schnell und automatisiert bestimmen, indem man in kurzem zeitlichem Abstand aufgenommene Bilder von Tracerteilchen mit dem Computer auswertet. Die Anwendungen dieses als „Particle Image Velocimetry“ (PIV) bezeichnete Verfahren reichen von der Aerodynamik über die Biologie, die Erforschung der Turbulenz in Flüssigkeiten und die Untersuchung von Verbrennungsvorgängen, bis zur Mikrofluidik. Anfangs ließen sich mit PIV nur die beiden Geschwindigkeitskomponenten ermitteln, die in einem zweidimensionalen Lichtschnitt lagen, der zweimal hintereinander zur Beleuchtung der Tracerteilchen erzeugt wurde. Anhand einer zusätzlichen Aufnahme der Teilchen, die sich in einem zum ersten Lichtschnitt parallelen zweiten Lichtschnitt befanden, konnte man mit einem neu entwickelten Auswertungssystem auch die dritte Geschwindigkeitskomponente senkrecht zu den Lichtschnittebenen bestimmen. Diese Doppelebenen-PIV entwickelten Dipl.-Ing. Aymeric Derville, Dr. Christian Willert, Dr. Markus Raffel und Dr. Jürgen Kompenhans von der damaligen Deutschen Forschungsanstalt (heute Zentrum) für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen.

Wie ionisierende Strahlen wirken

HELMHOLTZ-PREIS 1999 (Preisverleihung am 27.03.1999)
Dipl.-Phys. Uwe Titt, Dr. Volker Dangendorf, Dr. Helmut Schuhmacher für die Arbeit „Messung und Visualisierung der mikroskopischen Ionisationsverteilung von schnellen geladenen Teilchen in Materie“

Die Wirkung ionisierender radioaktiver Strahlen auf biologisches Gewebe ist von großem medizinischem und öffentlichem Interesse. Wie die Strahlung wirkt, hängt nicht nur von der Energiemenge ab, die sie an das Gewebe abgibt, sondern auch von den Details der Energieübertragung, also der Reaktion der geladenen Teilchen mit den Zellen und Zellstrukturen. Die im Strahlenschutz benutzten Größen wie die „Körperdosis“ dienen nur als grobe Abschätzung für die Strahlenwirkung, für die es keine direkten Messverfahren gibt. Verbesserte Möglichkeiten für die Erforschung der Strahlenwirkung auf Materie und für Anwendungen im Strahlenschutz eröffnete ein neuartiges Messinstrument, das Dipl.-Phys. Uwe Titt, Dr. Volker Dangendorf und Dr. Helmut Schuhmacher von der PTB entwickelt hatten. Mit diesem Gerät konnten sie die Ionisationsspuren, die geladene Teilchen in einem Gas hinterließen, dreidimensional abbilden und analysieren. Für ihre Arbeit erhielten die drei Wissenschaftler den Helmholtz-Preis 1999 für den Bereich „Messtechnik in Medizin und Umweltschutz“.

Atominterferometer als Frequenzstandard

HELMHOLTZ-PREIS 1999 (Preisverleihung am 27.03.1999)
Dr. habil. Fritz Riehle, Dr. Harald Schnatz, Dipl.-Phys. Tilmann Trebst, Dr. Jürgen Helmcke für die Arbeit „Atominterferometrie im Zeitbereich für Präzisionsmessungen“

Nach den Gesetzen der Quantenmechanik bewegen sich die Atome wie Wellen mit einer charakteristischen de Broglie- Wellenlänge λ = h/p, wobei h die Planck-Konstante und p der atomare Impuls ist. Für eine Geschwindigkeit von z. B. 700 m/s liegt λ in der Größenordnung von 10 pm. Dank dieser extrem kurzen Wellenlängen lassen sich durch Interferenz atomarer Wellen sehr präzise Messungen durchzuführen. Indem sie den Wellencharakter von Kalziumatomen nutzten, realisierten Dr. habil. Fritz Riehle, Dr. Harald Schnatz, Dipl.-Phys. Tilmann Trebst und Dr. Jürgen Helmcke von der PTB Braunschweig ein optisches Frequenznormal mit zuvor unerreichter Güte. Damit gelang es ihnen, die Frequenz und Wellenlänge eines Lasers mit einer relativen Unsicherheit von 10–13 konstant zu halten und zu messen. Für ihre Arbeit „Atominterferometrie im Zeitbereich für Präzisionsmessungen“ wurden die vier Forscher mit dem Helmholtz-Preis 1999 im Bereich „Präzisionsmessung“ ausgezeichnet, der mit 12 000 DM dotiert war.

Eine Obergrenze für die Neutrinomassen

HELMHOLTZ-PREIS 2001 (Preisverleihung am 25.06.2001)
Dr. Jochen Bonn, Dr. Christian Weinheimer für die Arbeit „High precision measurement of the tritium beta spectrum near its endpoint and upper limit on the neutrino mass“

Das Neutrino ist von allen Elementarteilchen das rätselhafteste. Wolfgang Pauli hatte die Existenz dieses elektrisch neutralen und nur schwach wechselwirkenden „Geisterteilchens“ 1930 postuliert, um die Energie- und Drehimpulserhaltung beim Betazerfall nicht aufgeben zu müssen. Der zunächst für unmöglich gehaltene direkte Nachweis des Neutrinos gelang 1956 Clyde Cowan und Frederick Reines. Später fand man, dass es neben dem Elektron-Neutrino (und seinem Antiteilchen) noch zwei weitere Neutrinoarten gibt: das Myon- und das Tau-Neutrino. Überraschenderweise können sich Neutrinos von einer Art in eine andere umwandeln. Dies ist nur möglich, wenn die drei Neutrinoarten unterschiedliche Massen haben. Da Neutrinos im Universum sehr häufig vorkommen, haben die Werte der Neutrinomassen einen großen Einfluss auf die kosmische Entwicklung. Eine präzise obere Schranke für die Masse des Elektron-Neutrinos bestimmten Dr. Jochen Bonn und Dr. Christian Weinheimer aus der Arbeitsgruppe von Ernst Otten an der Universität Mainz. Für ihre Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 2001 ausgezeichnet. Der Preis wurde erstmals gemeinsam vom Helmholtz-Fonds und vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft vergeben.

Schärfere Bilder mit dem Lichtmikroskop

HELMHOLTZ-PREIS 2001 (Preisverleihung am 25.06.2001)
Dr. Stefan W. Hell, Dr. Thomas A. Klar für die Arbeit „Durchbruch der Auflösungsgrenze in der Fernfeld-Fluoreszenzmikroskopie (STED-Mikroskopie)“

Das Lichtmikroskop ist für die Biologie und die Medizin ein unverzichtbares Instrument. Anders als das Elektronenmikroskop oder das Rasterkraftmikroskop kann es tief ins Innere von biologischen Zellen schauen, und im Gegensatz zum Röntgenmikroskop tötet das Lichtmikroskop die beobachteten Zellen nicht ab. Doch lange schien es, als ließen sich mit dem Lichtmikroskop keine Details sichtbar machen, die kleiner als 200 Nanometer sind, was für die anderen genannten Mikroskope kein Problem ist. Der Grund für diese Beschränkung liegt in der 1873 von Ernst Abbe gefundenen Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops, das zwei Objekte nur dann voneinander trennen kann, wenn ihr Abstand nicht kleiner ist als die halbe Wellenlänge des zur Abbildung benutzen Lichtes. Sind die Objekte jedoch mit fluoreszierenden Molekülen markiert, so kann man unter Einbeziehung der Molekülzustände bei der Bilderzeugung die Abbesche Auflösungsgrenze aufheben. Dies gelang Dr. Stefan Hell und Dr. Thomas Klar vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen. Für ihre Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 2001 ausgezeichnet.

Blick ins Herz mit NMR-Tomographie

HELMHOLTZ-PREIS 2003 (Preisverleihung am 30.06.2003)
PD Dr. med. Dr. rer. nat. Wolfgang Rudolf Bauer für die Arbeit „Messung der Mikrozirkulationsparameter Intrakapillarvolumen, Kapillarrekrutierung und Durchblutung im Herzmuskel mittels NMR-Tomographie“

Für die Diagnostik vieler Erkrankungen des menschlichen Herzens ist es wichtig, dass man die myokardiale Mikrozirkulation, also den Blutkreislauf in den Kapillaren des Herzmuskels, möglichst genau misst. So wird z. B. eine verminderte Kapillardichte für die Herzmuskelschwäche nach einem Herzinfarkt verantwortlich gemacht. Doch es gibt nur wenige nichtinvasive, das Herz nicht belastende Techniken, mit denen sich die Mikrozirkulation erfassen lässt. Die für eine Anwendung beim Patienten in Frage kommenden nuklearmedizinischen Verfahren haben nur eine geringe räumliche Auflösung, wodurch die Qualität und Zuverlässigkeit der Diagnose beschränkt wurden. Hingegen ermöglicht es die Kernspinresonanz- oder NMR-Bildgebung, die Mikrozirkulation im Herzmuskel, dem Myokard, quantitativ und räumlich aufgelöst zu messen. PD Dr. med. Dr. rer. nat. Wolfgang Rudolf Bauer und die von ihm geleitete Arbeitsgruppe „Kardiale Magnetresonanztomographie und Biophysik“ von der Medizinischen Universitätsklinik Würzburg entwickelten NMR-Messmethoden, mit denen sie das relative Kapillarvolumen, die Mikrozirkulation und deren Anteil an der gesamten Durchblutung des Herzmuskels messen konnten. Damit ließen sich z. B. Funktionsstörungen in den Herzkranzgefäßen erkennen. Für die Arbeit wurde Wolfgang Rudolf Bauer mit dem Helmholtz-Preis 2003 ausgezeichnet, der mit 15 000 € dotiert war.

Nanoteilchen beim Ummagnetisieren beobachtet

HELMHOLTZ-PREIS 2005 (Preisverleihung am 13.06.2005)
Dr. Martin Heumann und Dr. Thomas Uhlig für die Arbeit „Messung von Hysteresekurven einzelner magnetischer Teilchen im Nanometerbereich“

Magnetische Datenspeicher enthalten zahllose mikroskopisch kleine Magnetpartikel. Die permanente Magnetisierung eines solchen Teilchens kann in zwei entgegengesetzte Richtungen zeigen und somit ein Bit speichern. Mit einem hinreichend starken Magnetfeld lässt sich die Magnetisierungsrichtung umkehren, wobei eine Hysterese auftritt, wie man sie von makroskopischen Magneten kennt. Um eine immer größere Speicherdichte zu erzielen, macht man die Magnetpartikel immer kleiner, wodurch sich ihr Verhalten beim Ummagnetisieren verändern kann. Wie die Hysteresekurven von magnetischen Nanopartikeln aussehen, konnten Dr. Martin Heumann und Dr. Thomas Uhlig aus der Arbeitsgruppe von Josef Zweck in Regensburg mit einem modifizierten Elektronenmikroskop aufklären. Für die aus ihren Dissertationen hervorgegangene Arbeit „Messung von Hysteresekurven einzelner magnetischer Teilchen im Nanometerbereich“ wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 2005 ausgezeichnet.

Miniaturisiertes Mößbauer-Spektrometer

HELMHOLTZ-PREIS 2007 (Preisverleihung am 18.07.2007)
Dr. Göstar Klingelhöfer für die Arbeit „Entwicklung eines Miniaturisierten Mößbauer-Spektrometers“

Das Miniaturisierte Mößbauer-Spektrometer MIMOS, das unter der Leitung von Dr. Göstar Klingelhöfer von seinem Team an der Universität Darmstadt und später an der Universität Mainz entwickelt und gebaut wurde, ist ein hochempfindlicher Sensor, mit dem man die mineralogische Zusammensetzung z. B. von Felsenmalereien in Brasilien oder von Pigmenten in antiken Vasen untersucht hat. Weltweite Berühmtheit erlangte das 2003 von Klingelhöfer und seinen Mitarbeitern gebaute Spektrometer MIMOS 2. Es war der „Mineralogie-Explorer“ der Mars-Rover „Spirit“ und „Opportunity“, die im Januar 2004 auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten landeten und dort nach mineralogischen Spuren von früheren Wasservorkommen suchten. Für seine Arbeit „Entwicklung eines Miniaturisierten Mößbauer-Spektrometers“ erhielt Göstar Klingelhöfer den mit 20 000 € dotierten Helmholtz-Preis 2007.

Frequenzkamm aus dem Chip

HELMHOLTZ-PREIS 2009 (Preisverleihung am 23.06.2009)
Dr. Tobias Kippenberg, Dr. Ronald Holzwarth und Dipl.-Phys. Pascal Del´Haye für die Arbeit „Entwicklung von optischen Frequenzkämmen auf einem Chip“

Optische Frequenzkämme, für deren Entwicklung Theodor Hänsch und John Hall im Jahr 2005 den Physik-Nobelpreis erhielten, haben die Frequenzmessung im Bereich des sichtbaren Lichtes und der UV-Strahlung revolutioniert. Mit ihnen lassen sich hohe Frequenzen um 1000 Terahertz in niedrigere, elektronisch auszählbare Megahertzfrequenzen übersetzen und dadurch sehr genau bestimmen. Die Frequenzkämme haben die extrem aufwendigen und ungenaueren Frequenzketten ersetzt, mit denen man früher große Frequenzunterschiede überbrückte. Auf herkömmliche Weise werden Frequenzkämme mit Femtosekundenlasern erzeugt, deren Lichtpulse man durch spezielle Glasfasern schickt, in denen nichtlineare optische Effekte das kammartige Frequenzspektrum des Laserlichts erheblich verbreitern. Ein alternatives Verfahren zur Erzeugung von Frequenzkämmen entwickelten Dr. Tobias J. Kippenberg, Dr. Ronald Holzwarth und Dipl.-Phys. Pascal Del‘Haye vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Für ihre Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 2009 ausgezeichnet, der mit 20 000 € dotiert war.

Der g-Faktor des Elektrons

HELMHOLTZ-PREIS 2012 (Preisverleihung am 28.03.2012)
Dipl.-Phys. Anke Wagner, Dipl.-Phys. Sven Sturm, Prof. Dr. Klaus Blaum für die Arbeit „Der g-Faktor des gebundenen Elektrons in wasserstoffähnlichem Silizium − Der empfindlichste Test der Quantenelektrodynamik gebundener Zustände“

Präzisionsmessungen der magnetischen Eigenschaften des Elektrons haben in der Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) eine wichtige Rolle gespielt. So hatte man 1947 für das magnetische Moment des Elektrons einen geringfügig größeren Wert gemessen, als von der Dirac-Theorie vorhergesagt wurde. Diese Diskrepanz konnte erst die QED ausräumen. Das magnetische Moment µ und der Spin s des Elektrons erfüllen die Gleichung μ = g ∙ μBs/ħ , wobei μB das Bohrsche Magneton ist. Für den dimensionslosen g-Faktor des Elektrons ergaben die seither durchgeführten Messungen immer genauere Werte, die mit den Resultaten von immer umfangreicheren QED-Berechnungen übereinstimmten. Bekanntlich wirkt sich bereits die Interaktion des Elektrons mit dem Vakuum auf den g-Faktor aus. Ist das Elektron indes an einen Atomkern gebunden, so führt dessen starkes elektrisches Feld dazu, dass sich der Zahlenwert des g-Faktors deutlich ändert. Den g-Faktor eines Elektrons in solch einem wasserstoffähnlichen, stark geladenen Ion haben Dipl.-Phys. Sven Sturm, Dipl.-Phys. Anke Wagner und Prof. Dr. Klaus Blaum vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg mit hoher Präzision gemessen. Für ihre Arbeit erhielten sie den Helmholtz-Preis 2012.

Aktuelles aus der OIML
Bericht über die 48. Sitzung des CIML in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam

Roman Schwartz, Susanne Ludwig

Die 48. Sitzung des Internationalen Komitees für das gesetzliche Messwesen (CIML) fand vom 8. bis 11. Oktober 2013 in Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon), Vietnam, statt, wo im Vorfeld auch das eintägige Seminar zum Thema „Operation of the OIML Mutual Acceptance Arrangement (MAA)“ abgehalten wurde.

Das CIML tagt jährlich, wählt den Präsidenten und die beiden Vizepräsidenten der OIML (Internationale Organisation für das Gesetzliche Messwesen), genehmigt den Strategie-, Prioritäten- und Aktionsplan, überwacht die technischen Arbeiten und das Internationale Büro für das gesetzliche Messwesen (BIML) in Paris.

144 Teilnehmer aus 40 Mitgliedstaaten und 11 korrespondierenden Mitgliedstaaten waren vertreten. Zur deutschen Delegation gehörten neben den o. g. Autoren auch Johann Fischer, Direktor des Landesamts für Mess- und Eichwesen Berlin- Brandenburg als Vertreter der Bundesländer und Herr Prof. Kochsiek, Vizepräsident a. D. der PTB, ehemaliger CIML-Präsident und inzwischen Ehrenmitglied der OIML.

Vertreten waren auch wieder internationale und regionale Organisationen, zu denen die OIML Verbindungen unterhält wie das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM), die „International Electrotechnical Commission“ (IEC) und der Europäische Verband der Waagenhersteller (CECIP).

Alle Beschlüsse der 48. CIML-Sitzung können auf den neugestalteten, übersichtlichen Internetseiten der OIML (www.oiml.org) aufgerufen werden [1, 2]. Die wichtigsten Entscheidungen und Entwicklungen werden nachfolgend vorgestellt.