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Rauscharme EEG / MEG -Systeme ermöglichen die nicht-invasive Messung von hochfrequenten Aktivitäten (über 1 kHz) im Gehirn

28.07.2014

Im menschlichen Gehirn werden elektrische Oszillationen von sehr niedrigen Frequenzen (< 0,05 Hz) bis zu Frequenzen über 1 kHz erzeugt. Aktivitäten mit Frequenzen von bis zu etwa 100 Hz haben ihre Ursache in Postsynaptischen Potentialen und werden üblicherweise mittels der Elektroenzephalografie (EEG) bzw. der Magnetenzephalografie (MEG) gemessen. Sie repräsentieren den Input der Reizverarbeitung innerhalb einer Nervenzelle. Im Gegensatz dazu sind ultraschnelle Oszillationen bis zu 1 kHz dem Output der Reizverarbeitung zuzuordnen. Oft wird dies auch als das Feuern der Neuronen bezeichnet. Um ein Verständnis der Reizverarbeitung zu erlangen ist also die Detektion von langsamen und schnellen Oszillationen nötig. Die ultraschnellen Oszillationen bei 1 kHz konnten vor etwa 10 Jahren nur mit invasiven Tiefenelektroden im EEG nachgewiesen werden. Die PTB hat gemeinsam mit der Charité einen rauscharmen EEG-Verstärker entwickelt, mit dem diese schnellen Signale jetzt auch nicht-invasiv auf der Kopfoberfläche messbar wurden. Als nächster Schritt wurde jetzt ein magnetisches Messsystem (MEG) an der PTB entwickelt um solche schnellen Hirnoszillationen auch magnetisch berührungslos zu messen.

Hier berichten wir nun über erste kombinierte EEG/MEG–Messungen von diesen hochfrequenten Hirnsignalen. Dazu zeichneten wir evozierte Hirnsignale nach elektrischer Stimulation mit einer Wiederholfrequenz von 4,9 Hz des rechten Medianus-Nervs mit einem Strom einer Stärke 1,5 über der Motorschwelle bei fünf gesunden Probanden innerhalb eines elektromagnetisch abgeschirmten Raums auf.

Der rauscharme EEG-Verstärker hat ein Rauschen von 4,7 nV/√Hz und das rauscharme einkanalige MEG-System hat ein Rauschen von 0,5 fT/√Hz bei 1 kHz. Zur Signal-Rausch-Verbesserung wurden 12000 Antworten gemittelt.

Beide rauscharme EEG und MEG-Systeme zeigen in 3 ausgezeichneten Frequenzbereichen  ähnliche, aber auch deutlich unterschiedliche und zeitlich überlappende Komponenten:

Bereich 1:       N20 (<100 Hz)

Bereich 2:       Sigma- Bursts ( 450-750 Hz )

Bereich 3:       Kappa - Burst ( 850-1200 Hz)

 

 

Darstellung der gemittelten (N = 12000) EEG / MEG – Signale (a) Vergleich im Bereich 2 Sigma-Burst. (b) Vergleich im Bereich 3: Kappa-Burst.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass rauscharme EEG und MEG – Systeme in der Lage sind nicht-invasiv, also völlig ungefährlich für den Probanden, somatosensorisch evozierte Aktivitäten im Hirn bei und über 1 kHz zu messen. Da beide Modalitäten, EEG und MEG, einen unterschiedlichen Blick auf die gleiche Aktivität ermöglichen, erlaubt eine Kombination beider Techniken eine bessere Rekonstruktion der zugrunde liegenden neuronalen Generatoren solcher Hochfrequenzaktivitäten im Gehirn und damit ein besseres Verständnis der Reizverarbeitung.