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MR-Messtechnik

Arbeitsgruppe 8.11

MR-Bildgebung und -Spektroskopie an hyperpolarisierten Edelgasen

Der Einsatz von hyperpolarisierten Edelgasen (3He und 129Xe) in der Kernspintomographie ist ein breit gefächertes Arbeitsgebiet. Anfänglich wurden an der PTB die Erzeugung und der Einsatz von hyperpolarisiertem 129Xe vorangetrieben, um Spektroskopie an gelöstem 129Xe im menschlichen Kopf in vivo durchzuführen. Weitere Arbeiten beschäftigen sich mit der Absolutmessung der Flussgeschwindigkeit des Atemgases in den menschlichen Atemwegen.

In neueren Arbeiten wurde ein auf 129Xe basierender Biosensor zur Untersuchung von Fragestellungen aus der Immunologie entwickelt und im Rahmen des BMBF Innovationswettbewerb Medizintechnik 2009 ausgezeichnet. Aktuell wird die Kinetik der Wirt-Gast Beziehung von hyperpolarisiertem 129Xe mit Trägersubstanzen untersucht.

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Biosignale (8.2) wird intensiv am Forschungsfeld der SQUID-Detektion von frei präzedierenden Kernspins in extrem kleinen Magnetfeldern gearbeitet. Hier erlaubt die simultane Detektion der Spinpräzession zweier Spezies (3He und 129Xe) ein „Uhrenvergleichs-Experiment“, so dass Einflüsse vom äußeren Magnetfeld eliminiert werden können und Grenzen für die Standardmodellerweiterungen bestimmt werden können.

  • Erzeugung von hyperpolarisiertem 129Xe und 3He

    In der PTB wurden und werden für die unterschiedlichen Einsatzgebiete angepasste Apparaturen zur Erzeugung und Applikation von kernspinpolarisiertem 129Xe und 3He aufgebaut [1,2], welche nach dem Prinzip des optischen Spinaustauschpumpens arbeiten. Die hiermit erreichbare Magnetisierung von 129Xe oder 3He ist ca. 10000 mal größer als die Gleichgewichtsmagnetisierung desselben Gases im Hochfeld und erlaubt es, ortsaufgelöste MRT Aufnahmen im Hochfeld oder aber hochsensitive Messungen im Niedrigfeld durchzuführen.

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  • Freie Spinpräzession von hyperpolarisierten Edelgasen in extrem kleinen Magnetfeldern

    Die freie Spinpräzession von hyperpolarisierten Edelgasen zeigt in extrem kleinen Magnetfeldern (1 nT < B < 10 µT) hoher Homogenität, wie sie in den magnetisch geschirmten Kabinen der PTB vorliegen, sehr interessante Eigenschaften. So sind bei geringen Gasdrücken (p < 100 mbar) transversale Relaxationszeiten im Bereich mehrerer Stunden erzielbar [ 3]. Aufgrund des exzellenten Signal-Rausch-Verhältnisses sind diese Messungen auch geeignet, Magnetfelder zu charakterisieren [ 4].



    Aufbau und Messung der freien Spinpräzession in ultra niedrigen Magnetfeldern hier gezeigt von hyperpolarisiertem 129Xe mit einer transversalen Relaxationszeit von 4560 Sekunden.

    Durch die gleichzeitige Messung der Spinpräzession von hyperpolarisiertem 3He und 129Xe, gespeichert in einer Glaszelle, kann ein Komagnetometer realisiert werden, mit dem hoch sensitiv Kopplungseffekte mit den Kernspins von den Schwankungen des Magnetfeldes separiert werden können. Bei einer Messzeit von etwa zwei Stunden konnte eine Messunsicherheit der Differenzfrequenz der 3He und 129Xe Spinpräzession von 0,2 nHz erzielt werden[ 5]. Somit konnten neue Obergrenzen für eine Verletzung der Lorentz-Invariantz [ 6,7], sowie für die Spin-abhängige kurzreichweitige Wechselwirkung zwischen Nukleonen [ 8] bestimmt werden. Aktuell sind Arbeiten zur Messung eines elektrischen Dipolmomentes des Xenon Kernspins (Xe-EDM) in Vorbereitung [ 9].

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  • Spektroskopie von hyperpolarisiertem 129Xe im menschlichen Gehirn

    Im Gegensatz zu Helium löst sich Xenon sehr gut in Blut und Gewebe und überwindet zudem die Blut-Hirn-Schranke. Somit kann mittels MR-Spektroskopie das 129Xe nach dem Einatmen von hyperpolarisiertem Xenon-Gas im menschlichen Kopf nachgewiesen werden. Hierzu wurden Zeitreihenmessungen [ 10] unternommen, die mit Hilfe eines Perfusionsmodells analysiert werde konnten. Diese Untersuchungen ließen den Schluss zu, dass das in grauer Substanz gelöste Xenon von dem in weißer Substanz gelösten unterschieden werden kann.

     
    Messung der Signale von hyperpolarisiertem 129Xe im menschlichen Gehirn (Punkte) nach dem Einatmen des Gases zum Zeitpunkt t=0. Durch den Vergleich mit theoretisch berechneten Konzentrationen (Linien) kann die Herkunft der beiden Signale zugeordnet werden.

    In ortsaufgelösten spektroskopischen Messungen (so genannten CSI-Aufnahmen) war es zudem möglich, weitere Signale von hyperpolarisiertem 129Xe zu detektieren, welche aus Bereichen außerhalb des Gehirns stammen [ 11].

     
    Ortsaufgelöste MR-Spektroskopie von 129Xe im menschlichen Gehirn in einer sagittalen (oben), coronalen (mitte) und axialen (unten) Projektion. Das Signal bei 0 ppm (linke Spalte) rührt von gasförmigem Xenon im Vorratsbeutel, wohingegen die anderen vier Signale von im menschlichen Kopf gelöstem Xenon stammen. Die stärksten Signale bei 193 ppm und 196 ppm stammen aus dem Gehirn, wohingegen die Signale bei etwa 190 ppm und 201 ppm außerhalb des Gehirns detektiert werden.

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  • Geschwindigkeitsmessung von strömenden hyperpolarisierten Edelgasen

    Mittels der MR-Phasenkontrastmessung ist es möglich, die Geschwindigkeit von strömenden Medien absolut in m/s zu bestimmen. In Vorversuchen ergaben MR-Messungen mit hyperpolarisiertem 129Xe, welches in Rohrsystemen strömte, sehr gute Übereinstimmung mit theoretisch berechneten Strömungprofilen. Ebenfalls konnten erste Geschwindigkeitsmessungen von hyperpolarisiertem 129Xe in vivo in der menschlichen Trachea durchgeführt werden [12].

     
    Koronales (links) und drei axiale (rechts) MR-Geschwindigkeitsbilder von hyperpolarisiertem 129Xe in einem Flussphantom, welches die Verzweigung der menschlichen Hauptbronchien nachbildet.

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  • Bildgebung der Lunge mit 129Xe und 3He

    Das bekannteste Anwendungsgebiet hyperpolarisierter Edelgase ist die MR-Bildgebung des inhalierten Gases in der Lunge. Hieraus lassen sich neue medizinische Aussagen gewinnen, da die gewöhnliche MR-Bildgebung, welche die im Gewebe befindlichen Protonen abbildet, nur sehr schwache Signale vom Lungengewebe detektieren kann.

     


    Im Protonenbild (links) sind kaum Signale aus der Lunge zu sehen. Im 129Xe-Bild (rechts) ist das in die Lunge eingeatmete Gas sichtbar. Im mittleren Bild wurden beide Aufnahmen überlagert.


     


    Koronale (oben) und axiale (unten) MR-Bilder von hyperpolarisiertem 129Xe (rot) und 3He (grün) in der menschlichen Lunge, gemessen an einem gesunden Probanden.

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  • Untersuchung der magnetischen Eigenschaften von Gläsern

    Bei der Produktion und Speicherung von hyperpolarisierten Edelgasen spielt die Reinheit der verwendeten Gläser eine entscheidende Rolle. Insbesondere wären para- oder ferromagnetische Verunreinigungen extrem störend. Bei Messungen zusammen mit Mitarbeitern der AG von Prof. Heil aus der Uni Mainz konnte gezeigt werden, dass selbst in sehr reinen Gläsern ferromagnetische Verunreinigungen vorhanden sind [13].

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Ausgewählte Literatur

  1. Wolfgang Kilian
    Erzeugung von hyperpolarisiertem 129-Xe-Gas und Nachweis mittles in vivo NMR-Bildgebung, NMR-Spektroskopie sowie SQUID-Messtechnik
    Erzeugung von hyperpolarisiertem 129-Xe-Gas und Nachweis mittles in vivo NMR-Bildgebung, NMR-Spektroskopie sowie SQUID-Messtechnik ; Berlin, Freie Univ., Diss., 2001, (2001), 1 - 136
    http://www.diss.fu-berlin.de/2001/105/

  2. Sergey E. Korchak, Wolfgang Kilian, Lorenz Mitschang
    Configuration and performance of a mobile 129Xe polarizer
    Applied Magnetic Resonance, 44, (2013), 1-2 [open access], 65 - 80
    http://dx.doi.org/10.1007/s00723-012-0425-7

  3. Wolfgang Kilian, Andreas Haller, Frank Seifert, Dirk Grosenick, Herbert Rinneberg
    Free precession and transverse relaxation of hyperpolarized 129Xe gas detected by SQUIDs in ultra-low magnetic fields
    The European Physical Journal D, 42, (2007), 2, 197 - 202
    http://dx.doi.org/10.1140/epjd/e2007-00026-8
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  4. Martin Burghoff, Stefan Hartwig, Wolfgang Kilian, A. Vorwerk, Lutz Trahms
    SQUID systems adapted to record nuclear magnetism in low magnetic fields
    IEEE Transactions on Applied Superconductivity, 17, (2007), 2, 846 - 849
    http://dx.doi.org/10.1109/TASC.2007.898203

  5. C. Gemmel, W. Heil, S. Karpuk, K. Lenz, Ch. Ludwig, Yu. Sobolev, K. Tullney, Martin Burghoff, Wolfgang Kilian, Silvia Knappe-Grüneberg, Wolfgang Müller, Allard Schnabel, Frank Seifert, Lutz Trahms, St. Baeßler
    Ultra-sensitive magnetometry based on free precession of nuclear spins
    European Physical Journal D, 57, (2010), 3, 303 - 320
    http://dx.doi.org/10.1140/epjd/e2010-00044-5

  6. C. Gemmel, W. Heil, S. Karpuk, K Lenz, Yu. Sobolev, K Tullney, Martin Burghoff, Wolfgang Kilian, Silvia Knappe-Grüneberg, Wolfgang Müller, Allard Schnabel, Frank Seifert, Lutz Trahms, U. Schmidt
    Limit on Lorentz and CPT violation of the bound neutron using a free precession 3He/129Xe comagnetometer
    Physical Review D, 82, (2010), 11, 111901-1 - 111901-5
    http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevD.82.111901

  7. F. Allmendinger, W. Heil, S. Karpuk, Wolfgang Kilian, A. Scharth, U. Schmidt, Allard Schnabel, Yu. Sobolev, K. Tullney
    New limit on Lorentz-invariance- and CPT-violating neutron spin interactions using a free-spin-precession 3He-129XE comagnetometer
    Physical Review Letters, 112, (2014), 11 [online first], 110801-1 - 110801-5
    http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.112.110801

  8. K. Tullney, F. Allmendinger, Martin Burghoff, W. Heil, S. Karpuk, Wolfgang Kilian, Silvia Knappe-Grüneberg, Wolfgang Müller, U. Schmidt, Allard Schnabel, Frank Seifert, Yu. Sobolev, Lutz Trahms
    Constraints on spin-dependent short-range interaction between nucleons
    Physical Review Letters, 111, (2013), 10, 100801-1 - 100801-5
    http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.111.100801
    http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.111.100801

  9. F. Kuchler, E. Babcock, Martin Burghoff, T. Chupp, S. Degenkolb, Isaac Fan, P. Fierlinger, F. Gong, E. Kraegeloh, Wolfgang Kilian, Silvia Knappe-Grüneberg, T. Lins, M. Marino, J. Meinel, B. Niessen, N. Sachdeva, Z. Salhi, Allard Schnabel, Frank Seifert, J. Singh, S. Stuiber, Lutz Trahms, Jens Voigt
    A new search for the atomic EDM of 129Xe at FRM-II
    Proceedings of the 6th International Symposium on Symmetries in Subatomic Physics (SSP 2015), Victoria, Canada, 8-12 June 2015 ; In: Hyperfine Interactions, 237, (2016), 12, 95 - 100
    http://dx.doi.org/10.1007/s10751-016-1302-9

  10. Wolfgang Kilian, Frank Seifert, Herbert Rinneberg
    Dynamic NMR spectroscopy of hyperpolarized 129Xe in human brain analyzed by an uptake model
    Magnetic Resonance in  Medicine, 51, (2004), 4, 843 - 847
    http://dx.doi.org/10.1002/mrm.10726
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  11. Frank Seifert, Wolfgang Kilian
    2D chemical shift imaging of hyperpolarized isotopically enriched 129Xe within human brain [poster]
    Proceedings ISMRM, (2005), [CD-ROM] file name: index SMART, 1163
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  12. Wolfgang [speaker] Kilian, Max Strowig, Frank Seifert
    Velocimetry of hyperpolarized rare gases: phantom studies and first in vivo results [poster]
    Proceedings, ISMRM 14th scientific meeting : Seattle, Washington, USA, 6 - 12 May 2006, 14, (2006), [CD-ROM] file-name: 1325.pdf
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  13. J. Schmiedeskamp, H.-J. Elmers, W. Heil, E.W. Otten, Yu. Sobolev, Wolfgang Kilian, Herbert Rinneberg, Tilmann Sander-Thömmes, Frank Seifert, J. Zimmer
    Relaxation of spin polarized 3He by magnetized ferromagnetic contaminants: Part III
    The European Physical Journal D, 38, (2006), 3, 445 - 454
    http://dx.doi.org/10.1140/epjd/e2006-00052-0
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