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Direkte Messung strahlungsinduzierter DNS-Schäden

14.12.2015

Zur Abschätzung von Strahlenschäden der DNS werden vorrangig Monte-Carlo-Simulatio­nen genutzt. Diese Simulationen stützen sich auf Datensätze verschiedener Wirkungsquerschnitte für die Wechselwirkung zwischen Strahlungsteilchen und DNS-Baustei­nen, z. B. Ionisierungsquerschnitte oder Fragmentierungsquerschnitte. Zur Messungen dieser Größen werden die zu untersuchenden Proben zumeist in die Gasphase überführt. Dadurch geht in die nachfolgenden Simulationen implizit die vereinfachende Annahme ein, dass der Aggregatzustand und die Bindungsumgebung der DNS-Konstituenten keinen Einfluss auf das Wechselwirkungsverhalten haben.

Zur möglichst realitätsnahen Quantifizierung der Strahlenschäden wurde der Versuch unternommen, die Schäden direkt am radiosensitiven Target, der DNS, zu bestimmen. Realisiert wird eine solche Messung durch dielektrische Spektroskopie an DNS-Mole­külsträngen während der Bestrahlung. Dazu werden DNS-Molekülstränge mittels Nanostrukturen elektrisch kontaktiert. Mit Lock-In Verstärkern wird die Impedanz eines solchen Systems über einen großen Frequenzbereich charakterisiert. Es zeigt sich, dass intakte DNS-Moleküle die Charakteristik eines ohmschen Bauelements besitzen (Abb. 1). Wird eine Probe bestrahlt, so wächst der kapazitive Charakter der Probe kontinuierlich an, was auf das zunehmende Schadensmaß der DNS-Molekülstränge zurückzuführen ist.

Abb. 1: Im linken Diagramm ist der gemessene Phasenverlauf Φ , im rechten Diagramm der Betrag der Impedanz |Z| eines Widerstandsbauelements mit nominell 30 MW gegen die Frequenz ν aufgetragen. Es lässt sich erkennen, dass in dem Frequenzbereich von 190 Hz bis 2 kHz der ohmsche Charakter erhalten bleibt und der Betrag der Impedanz innerhalb der 10 %-igen Widerstandstoleranz liegt.

Abbildung 2 zeigt die Impedanzänderung der Proben, die mit 4,5 MeV α-Teilchen aus einer umschlossenen 241Am-Quelle bzw. mit 8 MeV α-Teilchen am Mikroionenstrahl der Ionenbeschleunigereinrichtung PIAF der PTB bestrahlt wurden. Bei allen Messungen wird eine zuvor charakterisierte Vergleichsprobe in räumlicher Nähe, aber außerhalb des Strahlungsfeldes vor, während und nach der Bestrahlung beobachtet. Im direkten Vergleich beider Proben konnte bisher immer eine Zunahme des kapazitiven Charakters der bestrahlten Probe beobachtet werden.

Abb. 2: In beiden Diagrammen sind jeweils die Phasen Φ von Vergleichsprobe (Ref) und bestrahlter Probe (RAD) gegen die Bestrahlungsdauer aufgetragen. Das linke Diagramm zeigt einen Dauerversuch mit einer 241Am-Quelle. Die Quelle befand sich ca. 2 cm oberhalb der DNS-Molekülstränge. Im rechten Diagramm wird das Vergleichsexperiment mit dem Mikroionenstrahl gezeigt. Hier befand sich das Strahlaustrittsfenster weniger als 8 mm oberhalb der DNS-Molekülstränge. Beide Experimente zeigen eine Zunahme des kapazitiven Charakters der jeweils bestrahlten Probe. Die Phasen wurden aus dem Frequenzbereich von 190 Hz bis 2500 Hz ermittelt, für welchen die ohmsche Vergleichsprobe in Abb. 1 Impedanzwerte innerhalb der spezifizierten Widerstandstoleranz hat.

Zur genauen Quantifizierung des Schadensmaßes werden weitere Messungen mit unterschiedlichen Nanostrukturen zur elektrischen Kontaktierung angestrebt.