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Kalibrierstrategien für ein neuartiges Formmesssystem basierend auf einem Liniensensor

04.01.2016

Einleitung

Zur Messung der Form optischer Oberflächen werden zum einen punktförmige und zum anderen flächenhafte Verfahren eingesetzt. Punktförmig messende Verfahren sind vergleichsweise langsam, da der Sensor der Oberfläche nachgeführt werden muss. Die Genauigkeit der Formmessung wird hier wesentlich durch das Bewegungssystem bestimmt. Im Gegensatz dazu sind matrixbasierte Systeme in der Lage, schnell die volle Apertur des Messobjektes zu messen, jedoch haben diese Systeme den Nachteil, dass sie einen begrenzten Höhenmessbereich besitzen. Der hier verfolgte Ansatz basiert auf einem Zeilensensor, der entlang eines rotierenden Prüflings mit einem Bewegungssystem nachgeführt wird. Mittels zusätzlicher Informationen der Lage von Sensor und Prüfling, wie auch redundanter Informationen im Überlappbereich der einzelnen linienförmigen Subaperturen können Fehler der Achsen korrigiert werden. Die optische Achse des interferometrischen Sensors muss möglichst senkrecht zur Oberfläche und der Sensor selbst innerhalb des Tiefenschärfebereichs positioniert werden. Eine dafür geeignete Kalibrierstrategie wird hier vorgestellt. 

Messablauf und Kalibrierung

Das Messsystem basiert auf einem Liniensensor, der als Michelson-Interferometer mit einem schwingenden Referenzspiegel in Kombination mit einer Zeilenkamera aufgebaut ist. Dieser Liniensensor wurde in ein Fünf-Achsen-Bewegungssystem integriert [1,2].

(Bild1)

Das Bewegungssystem besteht aus drei linearen Achsen und zwei Drehachsen. Eine Drehachse (b-Achse, siehe Abb. 2) wird zur senkrechten Positionierung von Sensor zu Prüfling benutzt und eine Drehsachse (c-Achse, siehe Abb. 2) rotiert den Prüfling, wodurch Kreisstreifen des Prüflings gemessen werden können.

Der Messablauf wurde in [1-3] ausführlich vorgestellt. Die Grundidee ist, einzelne ringförmige Subaperturen zu messen (Abb. 1) und sie zu einer 3D-Topografie zusammenzufügen.

(Bild 2)

Kalibrierung des Bewegungssystems mit einem sphärischen Referenzobjekt

Die Herausforderung bei der Nachführung des Sensors ist, dass der Abstand rd zwischen Sensor und Drehpunkt des Prüflings bekannt sein muss. Daher muss der Abstand zwischen dem Prüflingskoordinatensystem und dem Sensorkoordinatensystem kalibriert werden. Zu diesem Zweck wird ein sphärisches Referenzobjekt mit bekanntem Radius rk verwendet, der rückgeführt gemessen werden kann. Die optische Achse des Sensors und die mechanischen Achsen des Bewegungssystems werden unter Verwendung eines Autokollimators und der Zeilenkamera zueinander ausgerichtet.

In einem ersten Schritt wird der Sensor anhand der minimalen Streifendichte möglichst senkrecht zum Prüfling positioniert. Der Abstand des Sensors zum Prüfling beträgt ca. 13 mm und der Höhenmessbereich etwa 30 µm.

Der Punkt (x1, z1) in Abb.3 ist dadurch gekennzeichnet, dass die minimal mögliche Streifendichte durch Verkippung des Sensors eingestellt und der Sensor in x- und z-Richtung bewegt wird, um eine möglichst große Modulation des Interferenzsignals zu erhalten. Dann wird der Sensor um einen bekannten Winkel ϑ gekippt und die Suche der minimalen Streifendichte wird erneut durchgeführt. Dies führt zu einem zweiten Punkt (x2, z2). Durch die Kenntnis der beiden Punkte und des Verkippungswinkels ϑ wird der Abstand rd berechnet. Der Abstand rd  kann noch etwas genauer bestimmt werden, wenn zusätzlich ein Weißlichtscan mit ruhendem Referenzspiegel durchgeführt wird.

(Bild 3)

Mit der Kenntnis von rd und dem Radius rk des sphärischen Messobjektes kann die Bahnsteuerung für die nachfolgende Messung berechnet werden.

Ein sphärischer 1 Zoll großer Spiegel wurde auf diese Weise mit 13 ringförmigen Subaperturen mit einem Überlapp von 50 % gemessen. Jeder Streifen hat etwa eine Breite von ca. 2 mm.  

 (Bild 4)

Nach der Messung der einzelnen Subaperturen wurden diese durch Korrektur von Verkippung und Offset im Überlappbereich der benachbarten Subaperturen zu einer Gesamttopografie zusammengesetzt.  In Abb. 4 ist das Zusammenfügen von fünf Subaperturen und in Abb. 5 der 13 gemessenen Subaperturen dargestellt.    

(Bild 5)

Zusammenfassung

Ein neuartiges Formmesssystem mit einem schnell messenden interferometrischen Liniensensor wurde aufgebaut. Dazu ist die optische Achse des interferometrischen Sensors möglichst senkrecht zur Oberfläche des Prüflings auszurichten und der Sensor selbst innerhalb seines Messbereichs zu positionieren. Dazu wurde eine geeignete Kalibierstrategie entwickelt. Es wurde beispielhaft eine Formmessung eines sphärischen Objekts gezeigt.

Danksagung

Dieses Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Fachgebiet Messtechnik am Fachbereich Elektrotechnik/Informatik der Universität Kassel und der Arbeitsgruppe Form- und Wellenfrontmetrologie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Für die Förderung des Projektes (LE 992/7-1, EH 400/4-1) durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft bedanken wir uns.

 

Literatur:

 [1]       H. Knell, S. Laubach, G. Ehret, P. Lehmann, Continuous measurement of optical surfaces using a line-can interferometer with sinusoidal path length modulation, Optics Express (24)22, 29787-29798(2014)

[2]        P. Kühnhold, H. Knell, P. Lehmann, S. Laubach, G. Ehret, Mikroskop-basierter interferometrischer Zeilensensor zum schnellen Scannen optischer Funktionsflächen, Arbeitskreis der Hochschullehrer für Messtechnik (2014)

[3]        S. Laubach, G. Ehret, H. Knell, P. Kühnhold, P. Lehmann, Stitching streifenförmiger Subaperturen zur Formmessung, DGaO Proceedings (2014)