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Richtcharakteristik von Luftultraschallquellen

05.05.2014

Luftultraschall kann sehr stark gerichtet von Schallquellen wie Reinigungswannen oder Schweißgeräten abgestrahlt werden. Durch diese Bündelung können örtlich sehr hohe und gehörgefährdende Schallpegel auftreten. In einem neuen Messplatz können nun Richtcharakteristiken verschiedener Schallquellen hochaufgelöst und pegelgenau bestimmt werden.

Die Lärmbelastung durch Luftultraschall nimmt sowohl im privaten als auch im Arbeitsumfeld immer mehr zu. Geräte wie Ultraschallreinigungswannen und Ultraschallschweißanlagen sind ökonomisch sinnvolle und weit verbreitete Standardverfahren in Industrie und Gewerbe. Auch die Gefahren durch die Lärmbelastung finden immer mehr Beachtung, obgleich das tatsächliche Wissen um die Gefährdung noch unsicher und lückenhaft ist. So gilt es zwar als sicher, dass Ultraschall zu irreversiblen Hörverlusten im normalen Hörschallbereich führen kann, es ist aber noch unbekannt, wie der hochfrequente Schall im Gehör wirkt und wie viel Ultraschall für den Menschen zu viel ist (siehe auch [1]). Die von typischen Geräten eingesetzten Leistungen sind in der Regel recht hoch und der abgestrahlte Luftschall, auch wenn zumeist nur ein Nebenprodukt, kann sehr laut sein.

Verstärkt wird der Pegel durch die starke Richtwirkung von Ultraschall. Die Wellenlängen sind nur wenige Millimeter lang und die abstrahlenden Flächen oft um ein Vielfaches größer. Dies führt zu Interferenzen und stark gerichteter Abstrahlung. Die Schalleistung einer Quelle wird in eine bestimmte Richtung gebündelt und der resultierende Schalldruck nimmt auch in einiger Entfernung von der Quelle noch hohe Werte an. So können selbst so kleine Quellen wie eine handelsübliche Ultraschallreinigungswanne für Brillen und Schmuck die gehörschützenden Grenzwerte der VDI 3766 [2] sprengen (siehe auch [3]).

Um die Richtwirkung verschiedener Quellen genauer untersuchen zu können, wurde ein Messplatz aufgebaut, der hochaufgelöst und pegelgenau den Schalldruckpegel um eine interessierende Quelle herum aufnehmen, quantisieren und bewerten kann.

Die Schallquellen sollen unabhängig vom Einfluss des umgebenden Raumes charakterisiert werden. Dazu werden Sie in einem akustischen Freifeld platziert, in dem pegelverfälschende Reflexionen unterdrückt werden. Bild 1 zeigt den Scanner im großen akustischen Freifeldraum der PTB. Durch zwei steuerbare Achsen wird auf einem festen, einstellbaren Radius an mehreren Punkten um die Quelle herum verteilt das Schalldrucksignal aufgezeichnet und ausgewertet. Damit ist der prinzipielle Aufbau ähnlich dem zur Bestimmung der Schallleistung an Maschinen. Allerdings wird hier kein Halbraum mit reflektierendem Boden sondern ein Vollraum verwendet, um eine echte Richtcharakteristik bestimmen zu können. Die Aufnahmen werden mit kalibrierter 1/4"-Messtechnik gemacht, wodurch die tatsächlichen Pegel mit spezifizierter Messunsicherheit ermittelt werden können. Zur Beurteilung können verschiedene Größen eingesetzt werden wie zum Beispiel den in der VDI 3766 vorgeschlagenen unbewerteten Spitzenschalldruckpegel LZpeak. Dank des Offline-Analyseverfahrens können beliebige Beurteilungsgrößen verwendet werden.

Bild 1: Foto des Scanners im akustischen Freifeld. Auf dem variierbaren Drehtisch kann eine Quelle platziert werden, an dem Galgen wird ein Mikrofon darüber geführt.

Bild 2 zeigt das Schallfeld rund um eine kleine Reinigungswanne, einmal mit geschlossenem und einmal mit geöffnetem Deckel. Das Schließen des Deckels reduziert zwar den Spitzenschallpegel LZpeak direkt über der Quelle von ca. 141 dB auf ca. 114 dB. Im Bild mit geschlossenem Deckel sind deutlich die um 6 dB erhöhten Schallbündel zu sehen, die die Öffnungskerbe im Deckel (nach vorne gerichtet) und die undichten Scharniere (nach hinten gerichtet) zeigen.

Bild 2: Abstrahlung einer Reinigungswanne (Foto) links bei geöffnetem Deckel, rechts bei geschlossenem Deckel.

Bild 3 zeigt mit 12430 Punkten einen hochaufgelösten Scan über einem Array von Piezolautsprechern. Deutlich sind die starken Pegelschwankungen im Raumwinkelbereich von bis zu ±45° zu sehen. Weiterhin fällt ein kleines Muster im Zenit der Aufnahme auf, die noch im Fernfeld recht genau Größe und Form des Lautsprecherarrays abbildet.

Bild 3: Interferenzmuster eines Arrays von Piezolautsprechern: Links Draufsicht, rechts räumliche Seitenansicht. Im Zenit ist im Messabstand von 44 cm noch deutlich das Muster der vier eingeschalteten Lautsprecher (im Foto markiert) zu erkennen.

So erfasste Richtcharakteristiken können zum Beispiel herangezogen werden, um zu prognostizieren, wie bestimmte Quellen sich in reflektierender Umgebung verhalten werden. Vor allem ist nun die Möglichkeit gegeben, Felder beinahe beliebiger Ultraschallquellen zu charakterisieren und zu modifizieren.

Literatur:

[1] Webseite des EARS-Projekts zur Wahrnehmung nicht-hörbaren Schalls: www.ears-project.eu

[2] VDI 3766:2012-09: Ultraschall - Arbeitsplatz - Messung, Bewertung, Beurteilung und Minderung

[3] Forschungsnachricht Opens external link in new window„Kleine Quellen, großer Lärm“ (2013)

Ansprechpartner:

Christoph Kling, FB 1.6, AG 1.63, E-Mail: christoph.kling@ptb.de