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Untersuchungen zum Temperatur- und Feuchteeinfluss auf die Drehmomentmessung veröffentlicht

15.08.2016

Der Einfluss einer veränderlichen Temperatur auf die Messung verschiedener Größen ist allgemein bekannt. Präzisionsaufnehmer für die Messung von Drehmomenten zeigen darüber hinaus auch eine messbare Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit. Im Fachbereich Festkörpermechanik wurden die Effekte ausgiebig untersucht, wobei nicht nur die Sensoren, sondern auch die anderen Teile der Rückführungskette – die Messverstärker und die für deren Kalibrierung verwendeten Brückennormale – herangezogen wurden. Die Ergebnisse sind insbesondere für Metrologieinstitute, akkreditierte Laboratorien sowie Hersteller entsprechender Messgeräte von Interesse.

Für die elektrische Messung der mechanischen Größen Kraft, Drehmoment und Druck werden häufig Sensoren eingesetzt, die auf Dehnungsmessstreifen (DMS) basieren. Diese DMS sind auf den Sensorkörpern aufgebracht – in der Regel aufgeklebt – und elektrisch zu einer wheatstoneschen Brückenschaltung verbunden. Ein Präzisionsverstärker versorgt die Schaltung mit einer definierten Speisespannung. Die auf den Sensor einwirkende mechanische Größe verformt diesen und die DMS erfahren eine kleine Widerstandsänderung, die in einer Ausgangsspannung in der Messbrücke resultiert. Das Verhältnis zwischen Ausgangsspannung und Speisespannung wird als Spannungsverhältnis vom Verstärker gemessen und angezeigt. So genannte Brückennormale erzeugen wohl bekannte Spannungsverhältnisse und dienen der Rückführung der Messverstärker an die Skale der elektrischen Einheit Spannung.

Im Unterschied zu Kraftaufnehmern sind Drehmomentaufnehmer aus konstruktiven Gründen üblicherweise nicht hermetisch gekapselt, das heißt, die Brückenschaltung hat Kontakt zur umgebenden Luft. Damit sind die Einflüsse der relativen Luftfeuchtigkeit und der Temperatur der Umgebungsluft größer als bei gekapselten Aufnehmern, was im Vorfeld der Untersuchungen schon bekannt war. Jetzt wurden die Effekte im Rahmen eine Forschungsarbeit im Detail untersucht und veröffentlicht.In einem ersten, in [1] veröffentlichten Teil ging es darum, die Einflüsse der genannten Größen auf die einzelnen Messgeräte zu quantifizieren. Dabei wurden Brückennormale, Messverstärker und Drehmomentaufnehmer untersucht, wobei letztere nicht belastet wurden, es ging also um den Einfluss auf das Nullsignal des Sensors. Für die Messungen wurden die Geräte einzeln in einem Klimaschrank veränderlichen Temperaturen und Feuchtewerten ausgesetzt. Als sehr stabil erwiesen sich die Brückennormale. Für die Messverstärker zeigte sich allgemein eine lineare Abhängigkeit der Änderung des gemessenen Signals von der Temperatur, der Luftfeuchte und dem Spannungsverhältnis, wobei immer nur eine Größe variiert wurde. Die Effekte wurden relativ schnell in den Signalen sichtbar. Die einzelnen Verstärker vom selben Typ wiesen dabei exemplarbedingte Unterschiede auf. Eine mögliche Erklärung könnte die Streuung in den Parametern der verwendeten Bauteile sein. Bei den Nullsignalen der Drehmomentaufnehmer spielte die zeitliche Komponente eine wesentliche Rolle, da es mitunter Stunden dauerte, bis sich die Anzeige nach einer Änderung der Bedingungen wieder stabilisiert hatte. Dabei waren sowohl die Verläufe als auch die Größenordnungen der Effekte sehr unterschiedlich. Bei den Verläufen konnte neben einem schnellen Einstellen auf einen neuen Wert ein asymptotisches Einlaufen bzw. auch ein Überschwingen mit einer teilweisen Rückkehr zum ursprünglichen Wert beobachtet werden. Die Verläufe wurden mit Hilfe eines rheologischen Modells beschrieben.

Während die Einflüsse auf das Nullsignal eines DMS-Aufnehmers normalerweise kein Problem darstellen (Ausnahme: Dauermessungen ohne die Möglichkeit einer Entlastung), ist die Änderung der Empfindlichkeit eines Aufnehmers nicht so leicht zu berücksichtigen. In einer zweiten Phase wurde deshalb die Änderung der Kennwerte verschiedener Aufnehmer bei veränderlichen Umgebungsbedingungen untersucht, bewertet und in [2] veröffentlicht. Für die Messungen kam eine 20 N·m Drehmoment-Normalmesseinrichtung nach dem Prinzip der direkten Massewirkung (gelagertes Hebel-Masse-System) zum Einsatz, in die ein speziell angepasster Klimaschrank eingebaut worden war, der gezielt nur für den Drehmomentaufnehmer  die gewünschten einstellbaren Umgebungsbedingungen erzeugte (Bild 1).

Bild 1: 20-N·m-Drehmoment-Normalmesseinrichtung: 1 – Belastungsmassen, 2 – Hebel, 3 – Luftlager,
4 – Drehmomentaufnehmer (teilweise verdeckt), 5 – Klimaschrank mit Temperatur- und Feuchteregelung

Der Ablauf der Messungen war so festgelegt: Die Normalmesseinrichtung hat fortlaufend in einem zeitlichen Rhythmus von einigen Minuten den Aufnehmer wiederholt mit 100 % seines Nenndrehmomentes vorbelastet und dann eine Messreihe mit Nullsignal, 50 %, 100 %, wieder 50 % und Nullsignal mit anschließender Wartezeit gefahren. Während dieses Ablaufs, der sich über einige Tage hinziehen konnte, wurden nacheinander Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit im Klimaschrank zwischen 18 °C und 40 °C bzw. zwischen 37 % r. F. und 70 % r. F. verändert. Dabei wurden die Signale des Drehmomentaufnehmers aufgezeichnet und anschließend die Signaländerungen berechnet und die Daten ausgewertet. Auch hier zeigte sich ein für den jeweiligen Aufnehmer typisches Verhalten, das als asymptotisches Einlaufen (Bild 2) bzw. als Überschwingen (Bild 3) beschrieben  werden kann.

Bild 2: Signaländerungen eines 5-N·m-Drehmomentaufnehmers bei Änderungen der Temperatur (rote Kurve) bzw.
der relativen Luftfeuchtigkeit (blaue Kurve)

Bild 3:Bild 3: Signaländerungen eines 10-N·m-Drehmomentaufnehmers bei Änderungen der Temperatur (rote Kurve) bzw.
der relativen Luftfeuchtigkeit (blaue Kurve))

 

Die Effekte können sowohl positiv als auch negativ sein und die Größenordnung kann sich auch innerhalb eines Typs unterscheiden. Die Werte scheinen für einen wesentlich größeren Einfluss der Temperatur im Vergleich zur Feuchte zu sprechen, man darf aber nicht außer Acht lassen, dass die Temperatur in Laborräumen relativ gut auf ±1 K konstant gehalten werden kann, während Feuchteschwankungen durchaus ±10 % r. F. erreichen können. Dann können zum Beispiel bei Präzisionsmessungen auch die Feuchteänderungen einen signifikanten Einfluss ausüben.
Die eingesetzten Verfahren und Geräte gestatten es, hinreichend unempfindliche Geräte zu identifizieren bzw. die Einflüsse zu bestimmen und, falls nötig, Messergebnisse durch das Anwenden von Korrekturen zu verbessern.

 

Literatur:

[1] K. M. Khaled, D. Röske, A. E. Abuelezz, M. G. Elsherbiny: Humidity and temperature effects on torque transducers, bridge calibration unit and amplifiers, Measurement, Volume 74, October 2015, Pages 31-42, Opens external link in new windowdoi:10.1016/j.measurement.2015.07.007

[2] K. M. Khaled, D. Röske, A. E. Abuelezz, M. G. Elsherbiny: The influence of temperature and humidity on the sensitivity of torque transducers, Measurement, Volume 94, Dezember 2016, Pages 186-200, Opens external link in new windowdoi:10.1016/j.measurement.2016.07.028

 

Ansprechpartner:

Dirk Röske, FB 1.2, AG 1.21, E-Mail: Opens window for sending emaildirk.roeske(at)ptb.de