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Interferometrie an Maßverkörperungen, Teil 1

PTB-Mitteilungen 1/2010

Einige Grundlagen der interferentiellen Längenmessung

René Schödel

Die Verfügbarkeit von Längennormalen und die Fähigkeit Längen höchst genau zu messen sind von fundamentaler Bedeutung für technologisch hoch entwickelte Gesellschaften. Mit steigenden Anforderungen an die Genauigkeit wurden schon im beginnenden Industriezeitalter immer präzisere Normale entwickelt. Bereits im Jahre 1887 wurde von Albert Abraham Michelson vorgeschlagen, optische Interferometer zur Längenmessung zu benutzen. Allerdings dauerte es noch viele Jahre bis das Meter 1960 nach dem Internationalen Einheitensystem (SI) als Vielfaches einer wohl definierten Wellenlänge von Licht festgelegt und damit der Internationale Meterprototyp ("Urmeter") als weltweites Primärnormal abgelöst wurde. 1983 hat sich die SI-Definition des Meters noch einmal dahingehend verändert, dass es an die Laufzeit von Licht im Vakuum gebunden wurde, d. h. 1 Meter wird als Länge der Strecke definiert, die Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden zurücklegt.

Das neu aufgebaute Ultrapräzisionsinterferometer

René Schödel, Alexander Walkov

In diesem Artikel soll der Aufbau des Ultrapräzisionsinterferometers als zielgerichtete Weiterentwicklung der Methoden der interferentiellen Längenmessungen erkennbar werden. Die als Messobjekte dienenden Maßverkörperungen sind dadurch gekennzeichnet, dass diese zwei zueinander parallele Endflächen aufweisen, deren Abstand die zu messende Länge repräsentiert. Die meisten dieser Körper weisen einen rechteckigen Querschnitt auf (z. B. Endmaße). Da dies keine notwendige Bedingung zur Verkörperung einer Länge darstellt wurde die Bezeichnung „prismatische Körper“ gewählt, welche sich auf die erforderliche Parallelität der Endflächen beschränkt.

Interferometrische Kalibrierung von Parallelendmaßen

Peter Franke, René Schödel

Im Jahr 1896 stellte der schwedische Waffenmeister Carl Edvard Johansson den ersten 103-teiligen Parallelendmaßsatz aus Stahl her, mit dem sich durch Kombination von Endmaßen über 20 000 Längenmaßverkörperung zwischen 1 mm und 201 mm mit einer Stufung von 0,005 mm realisieren ließen. Bis dato verwendete jede Fabrik unzählige eigene Maßlehren, die jedoch nicht an den seit 1889 gültigen "Internationalen Meterprototypen" angeschlossen waren.

In den folgenden Jahren entwickelten sich die Parallelendmaße sehr schnell zur wichtigsten Maßverkörperung für die Weitergabe der Länge. Trotz der Vielfalt diverser rückführbarer Längenmessmittel und Längenmessverfahren, die bis heute entwickelt wurden, sind Parallelendmaße weiterhin die genaueste und am weitesten verbreitete Maßverkörperung zur Weitergabe der SI-Einheit Meter. Die Gründe hierfür sind ihre einfache geometrische Form, ihre hohe Maßgenauigkeit, Zuverlässigkeit, einfache Handhabung und natürlich die sehr kleinen Messunsicherheiten mit der sie kalibriert werden können.

Mit der im Jahr 1983 vorgenommenen Definition der Längeneinheit wurde das Meter als die Länge der Strecke festgelegt, die Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden zurücklegt. Da für die Lichtgeschwindigkeit ein Wert festgelegt wurde, lässt sich mit Hilfe der Laufzeitmessung von Lichtwellen und der Beziehung = c0 · t die Längeneinheit realisieren. Die direkte Messung der Laufzeit von Licht im Vakuum eignet sich jedoch nur für die genaue Messung großer Entfernungen, z. B. im astronomischen Maßstab.

Die genauesten Längenmessungen von parallelen Maßverkörperungen zur Rückführung auf die SI-Einheit Meter werden mittels optischer Interferometrie realisiert.

Interferometrie an Kugeln

Arnold Nicolaus, Guido Bartl, Andreas Peter

Eine besonders herausfordernde und anspruchsvolle Aufgabenstellung aus dem Bereich der Naturkonstanten hat eine neue Ausführungsform der Interferometrie initiiert: die Interferometrie an Kugeln. Ging es zunächst noch darum, die Avogadro-Konstante NA, die Zahl der Teilchen in einem Mol Stoffmenge, mit einer bisher unerreicht kleinen Unsicherheit neu zu bestimmen, so haben die Erfolge der in diesem Projekt weiterentwickelten Experimente dazu beigetragen, dass die Avogadro-Konstante neben anderen Ansätzen — für eine Neudefinition der SI-Einheit "Kilogramm" auf Basis einer Naturkonstante infrage kommt.

Für den hier beschrittenen Weg der Neubestimmung von NA muss für ein ausgewähltes Element das Verhältnis aus mikroskopischer zu makroskopischer Dichte bestimmt werden. Die mikroskopische Dichte eines Festkörpers lässt sich aus der mittleren molaren Masse und der Gitterkonstante bestimmen. Für die makroskopische Dichte wird die Masse und das Volumen eines Probekörpers — in diesem Fall einer Kugel — gemessen. Die 1 kg schwere und rund 94 mm große Siliziumkugel wurde in der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) in Australien mit einer Oberfläche von optischer Qualität hergestellt. Die Sphärizitätsabweichungen betragen nur einige zehn Nanometer.

Diodenlaserinterferometrie

Alexander Höink, Karl Meiners-Hagen, Ahmed Abou-Zeid

Die Mehrzahl industrieller Fertigungsteile ist zylinderförmig. Daher ist die Form- und Maßbestimmung zylindrischer Teile seit jeher ein besonderer Schwerpunkt der Fertigungsmesstechnik. Das am häufigsten eingesetzte Antastverfahren ist das mechanisch berührende oder "taktile" Verfahren, mit dem unter Laborbedingungen Formmessungen mit Messunsicherheiten bis zu 0,01 µm durchgeführt werden können. Die taktile Antastung hat jedoch einige Nachteile, die im Folgenden erläutert werden. Seit etwa 10 Jahren hat die Messung von dünnen zylindrischen Teilen, wie z. B. Einspritzdüsen, sowie Drähten und Glasfasern große Bedeutung erlangt. Außerdem bekommen keramische oder polymerische Werkstoffe eine immer größere Bedeutung. Häufig handelt es sich dabei um weiche oder nicht abriebfeste Materialien. Die Entwicklung von Messgeräten hat mit den sich daraus ergebenden metrologischen Aufgabenstellungen nicht Schritt halten können. Das Problem besteht darin, dass die etablierte taktile Messtechnik auf mechanische Stabilität des Prüflings angewiesen ist. Die Antastkräfte von > 10 mN (Formmessgeräte) und > 1 N (3D-Koordinatenmessgeräte) verbiegen den Prüfling oder verhindern gar eine stabile Antastung. Durch mechanischen Abrieb werden metallische und insbesondere auch nicht-metallische Oberflächen angegriffen. Zum Teil kommt es auch zu chemo-mechanischen Wechselwirkungen. So eignet sich z. B. eine Rubinkugel wegen der chemischen Verwandtschaft nicht zur