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Vorwort

„Die Bereitstellung der nationalen Messinfrastruktur in Deutschland auf international höchstem Niveau für Industrie, Gesellschaft und Wissenschaft“. Das ist der zentrale Anspruch der PTB seit nunmehr 130 Jahren, welcher beim Besuch des Wissenschaftsrates (WR) vom 12. bis 14. Oktober 2016 im Auftrag des BMWi einer intensiven Prüfung unterzogen wurde. Die Kommission zeigte sich beeindruckt von der hohen Motivation der PTBisten, der hervorragenden Vorbereitung des Besuches sowie der sich u.a. in den Kennzahlen ausdrückenden Leistungsfähigkeit der PTB. In allen relevanten Bereichen konnte sich die PTB seit dem ersten Besuch der Kommission im Jahre 2007 erheblich weiter verbessern.

Im Abschlussgespräch hob die Kommission das große, meist drittmittelbasierte Engagement der PTB bei der Bewältigung zukünftiger metrologischer Herausforderungen hervor und bestätigte die bereits sehr gute Positionierung in den Bereichen Metrologie für die Energiewende, für die Biochemie und –medizin, sowie für quantenverstärkte Metrologie. In all diesen Gebieten, hauptsächlich jedoch bei der Metrologie für die Digitalisierung, sah die Kommission die dringende Notwendigkeit, die Rolle der PTB massiv zu stärken, nicht zuletzt durch die Zuweisung von Dauerstellen.

Die digitale Kompetenz nach außen kann nur funktionieren, wenn die „interne Digitalisierung“ der PTB mit der „äußeren“ abgestimmt und hoch entwickelt ist. Aufgrund der Besonderheiten der PTB, nämlich der komplexen Geschäftsprozesse mit intimer Verwebung von Verwaltung und Dienstleistung, sowie der besonderen Anforderungen als forschungsstarke Einrichtung ist die an sich zu begrüßende Entscheidung der Bundesregierung, Standard- IT-Dienste im Rahmen des e-Gouvernment Gesetz zu zentralisieren, grundsätzlich nicht auf die PTB anwendbar. Hierzu hat die PTB ein Papier erarbeitet und befindet sich in Gesprächen mit dem Ziel, zu überzeugen, dass eine allgemeine Konsolidierung der IT-Prozesse an der PTB ihre Arbeitsfähigkeit massiv gefährden würde.

Ein wesentliches Ergebnis der Strategieklausur zu Beginn des Jahres war es, interne Mechanismen weiter zu entwickeln, um neue Themen möglichst effizient aus eigener Kraft aufzugreifen und die zugehörigen Veränderungen zusammen mit den Mitarbeiter/ innen zu gestalten.

Zentrales Thema bei der Kuratoriumstagung 2016 war der Masterplan zur langfristigen Ertüchtigung der Liegenschaften der PTB, hauptsächlich in Braunschweig. Der sehr detaillierte, gut durchdachte und mit allen Fachabteilungen abgestimmte Plan fand uneingeschränkt die Unterstützung zunächst des Kuratoriums und in der Folge auch des BMWi, des BMUB und der WR Kommission. Der bis mindestens 2030 angelegte Plan im Gesamtumfang von ca. 330 Mio. € wurde vollumfänglich in die unmittelbare Haushaltsplanung aufgenommen. Derzeit arbeiten die mit der technischen Infrastruktur befassten Stellen der PTB mit ihren Partnern im Staatlichen Baumanagement und dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) intensiv an der Umsetzung der ersten Projekte wie z. B. des Kompetenzzentrums „Windenergie“.

Die wichtigste Ressource der PTB, ihr hochkompetentes und -motiviertes Personal, stand auch in diesem Jahr wieder im Fokus zahlreicher Fortbildungen und Angebote für Mitarbeiter/innen mit und ohne Führungsfunktionen. So wurden unsere „Leitlinien Führung und Zusammenarbeit“ überarbeitet mit dem erklärten Ziel, eigenverantwortliches Arbeiten weiter zu stärken, sowie die Prinzipien von Vertrauen und wechselseitiger Wertschätzung und Achtsamkeit zu verfestigen. Zusätzlich zu zielgruppenspezifischen Seminaren haben sich im Jahr 2016 neue kollegiale Beratungsgruppen gebildet, die Quervernetzung und Austausch fördern. Weitere Meilensteine waren der diesjährige Führungskräftetag mit 150 Teilnehmenden, das zweite „PTB-Forum – Gespräch mit dem Präsidium“, das dem direkten Austausch zwischen Präsidium und Mitarbeitenden dient, sowie die Umfrage zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Die Weiterentwicklung der Führungskultur und Zusammenarbeit befindet sich somit auf einem guten Weg. Um eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für alle Fragen rund um die Vereinbarung von Beruf und Familie zu schaffen, wurde das FamilienServiceBüro etabliert. Zudem ist die PTB Partnerin im nationalen Pakt „Komm, mach MINT“, mit dem Ziel, Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen zu unterstützen. Schließlich wurde unter dem Motto „MetroSommer 2016: Erlebe den genauesten Sommer Deines Lebens!“ erstmals ein SommerForschungspraktikum in den Laboratorien der PTB angeboten. Über mehr als zwei Monate hinweg forschten 14 Studentinnen und Studenten in ausgewählten Projekten der PTB – mit durchgehend positiver Resonanz bei allen Beteiligten, so dass es das Angebot im Jahr 2017 wieder geben wird.

Das neu geordnete Mess- und Eichgesetz wurde im vergangenen Jahr in einigen Punkten nochmal präzisiert. Seit dem Inkrafttreten des neugeordneten Gesetzes vor zwei Jahren haben die Akteure Erfahrungen sammeln können und sich gut auf die neuen Anforderungen eingestellt. Die Konformitätsbewertung und die Anforderungen an Messgeräte gemäß der Anlage 2 der Mess- und Eichverordnung stellen ein hohes Schutzniveau dar, gerade auch für Messgeräte, die im amtlichen Verkehr verwendet werden. Ein Beispiel sind Geschwindigkeitsmessgeräte, für welche die PTB aufgrund ihrer langjährigen und einzigartigen Fachkompetenz immer wieder um Stellungnahmen gebeten wird. In Zukunft wird die PTB möglicherweise auch eine deutlich stärkere Rolle bei der Überwachung von Emissionswerten von Fahrzeugen spielen, um mitzuhelfen, das verlorene Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Der bei der PTB eingerichtete Regelermittlungsausschuss hat sich bewährt und leistet wichtige Beiträge für das neue Mess- und Eichwesen: So hat er für das Zukunftsthema der E-Mobilität die betroffenen Kreise an und mit der PTB zusammengebracht und alle notwendigen Entscheidungen aus Sicht des Mess- und Eichrechts für 2017 vorbereitet.

Ein Highlight des vergangenen Jahres und ein uneingeschränkter Erfolg war zweifellos die Vollversammlung für das Mess- und Eichwesen in ihrer neuen Rolle, bei der neben den neuen gesetzlichen Vorgaben auch die Revision des OIML-Zertifizierungssystems ein wichtiges Thema war: Nachdem die OIML-Generalkonferenz CIML im Jahr 2013 beschlossen hatte, das OIML-Zertifizierungssystem zu erneuern, wurde unter der Federführung des PTB- und OIML-Vizepräsidenten Roman Schwartz hierzu das Rahmendokument OIML B 18 erarbeitet, das auf der CIML-Sitzung im Oktober 2016 verabschiedet wurde. Auch in der Vollversammlung stieß das Thema „Digitalisierung“ auf breitestes Interesse bei allen Beteiligten. In intensiven Diskussionen bestärkten Eichbehörden, interessierte Kreise und Industrie die PTB in ihrem Bestreben, die Rolle einer kompetenten Unterstützerin aller Beteiligten einzunehmen.

Der erfolgreiche Start des Technologie-Transferprogramms „TransMet“ 2015 setzte sich auch in diesem Jahr mit verschiedenen Projekten fort, wobei sich insbesondere im Bereich optischer Technologien ein Schwerpunkt herauskristallisierte. Zusammen mit Ihrer Tätigkeit in der Regelsetzung und in der Normung leistet die PTB damit einen wichtigen Beitrag zum Technologietransfer. Mit 50 Patentanmeldungen im Zeitraum von 2013 bis 2015 und einer rigorosen Technologiebewertung stellt sich auch die Patentstrategie äußert effektiv dar, wie von der WR Kommission im Abschlussgespräch hervorgehoben wurde.

Ein Großereignis, das – im positiven Sinn – seine forschungsintensiven Schatten vorauswirft, ist die für 2018 erwartete Revision der Weltsprache von Handel und Wissenschaft: des Internationalen Systems der Einheiten, SI. In einer wegweisenden Sitzung des Konsultativ-Komitees für Einheiten (CCU) wurden unter der Präsidentschaft der PTB die entscheidenden Weichen gestellt. So müssen bis zum 1. Juli 2017 Messwerte für die „definierenden Konstanten“, wie z. B. die Planck-, Avogadro-, oder Boltzmann-Konstante, zur Publikation eingereicht und zur Veröffentlichung angenommen sein, um zur Festlegung ihrer endgültigen Zahlenwerte offiziell beitragen zu können. Hier hat die PTB auf der Basis enger interner Zusammenarbeit und starker internationaler Kooperationen im vergangenen Jahr herausragende Ergebnisse erzielt:

  • Mittels Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie (DCGT) wurde eine unabhängige, hochgenaue Bestimmung der Boltzmann-Konstanten mit einer relativen Unsicherheit von nur 1,9 ppm realisiert. Damit ist der Weg frei für die Neudefinition des Kelvins über die Festlegung der Boltzmann- Konstante.
  • Für die Neu-Definition des Kilogramm befindet sich das internationale Avogadro-Projekt ebenfalls auf sehr gutem Weg, im Endspurt die weltweit kleinste Unsicherheit bei der Bestimmung der Avogadro- und Planck-Konstanten zu realisieren durch die metrologische Charakterisierung hochreiner Silizium-Einkristallkugeln. Ein Helmholtz- Symposium sowie ein internationaler Workshop demonstrierten hier das weltweite Interesse an Silizium- Kugeln als dauerhafte und vergleichsweise einfach zu handhabende Realisierungen der Einheit der Masse nach der Revision.
  • Im Jahr 2016 konnte gezeigt werden, dass sich bereits mit einer Einzelelektronen-Stromquelle, ohne Fehlerkorrektur, eine Messunsicherheit von 0,16 μA/A erreichen lässt. Das Quanten-Ampère kann damit genauer realisiert werden als das klassische Ampère im heutigen SI. Dank weiterer technologischer und experimenteller Fortschritte stehen jetzt die wichtigsten Bausteine einer selbstreferenzierten Quantenstromquelle zur Verfügung.

Ein zunehmend wichtiger Partner der PTB auf nationaler Ebene sind neben anderen Forschungseinrichtungen die Universitäten. So wurden mit der Technischen Universität Braunschweig (TUBS) im vergangenen Jahr zwei gemeinsame Berufungen realisiert. Bei den Quantentechnologien setzte sich die enge und langjährige Zusammenarbeit mit der Leibniz Universität Hannover (LUH) unter anderem im Rahmen des neuen, unter Federführung der PTB eingeworbenen Sonderforschungsbereichs „DQMat“ fort. Eine deutschlandweit einmalige, strategisch- strukturelle Dreieckspartnerschaft der PTB mit beiden Universitäten, die zukunftsträchtige Zusammenführung der Quanten- (LUH) und Nano- (TUBS) Metrologie (PTB), wurde exzellent beurteilt. Sie wird nun durch das Land Niedersachsen über 5 Jahre hinweg im Rahmen des sogenannten „Masterplans“ mit erheblichen Mitteln unterstützt. Darauf aufbauend wurde gerade der Vorantrag eines gemeinsamen Exzellenz Clusters „Quantum- Frontiers“ über insgesamt 57 Mio. € fertiggestellt.

Auch das Institut Berlin der PTB hat im vergangenen Jahr die vielfältige Kooperation mit der Technischen Universität Berlin durch eine gemeinsame Doktorandenausbildung im Bereich der quantitativen Bildgebung sowie durch weitere gemeinsame Doktorarbeiten z. B. in der Informatik und im Bereich der Synchrotronstrahlung systematisch ausgebaut. Das von der DFG-geförderte gemeinsame Graduiertenkolleg (BIOQIC) zwischen Charité, TU-Berlin, FU-Berlin und PTB (stellvertretender Sprecher) soll dabei eine interdisziplinäre Ausbildung ermöglichen. Strategisch platziert sich die PTB im Wachstumsbereich der Digitalisierung durch gemeinsame Professuren zu „vertrauenswürdigen Systemarchitekturen“ und „maschinellem Lernen“ im Rahmen des neuen „Einstein Zentrums“. Dieses wurde von einem Arbeitskreis mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik verabschiedet, vernetzt über 30 neu eingerichtete Professuren und ist Teil der 10-Punkte-Agenda zur Etablierung Berlins als IT-Hauptstadt.

Auf europäischer Ebene richtet sich zur Halbzeit des erfolgreichen europäischen Metrologie-Forschungsprogramms EMPIR der Fokus zunehmend darauf, die erreichten Erfolge langfristig zu sichern. Mögliche Wege führen über eine noch engere Kooperation und Koordination der europäischen Partner, sowie über die von der PTB vorgeschlagene Einrichtung eines speziellen, von der Europäischen Union zu unterstützenden Infrastrukturprogrammes zur Verstetigung metrologischer Dienste, die aus entweder aus EMPIR erwachsen oder von paneuropäischem Interesse sind.

Auf globaler Ebene baut die PTB Ihren Beitrag zur internationalen Harmonisierung aus, flankiert durch die entwicklungspolitische Schwerpunktsetzung der Bundesregierung. Im Rahmen einer strategischen Partnerschaft unterstützt die PTB nun auch die Weltbank durch die zeitweise Entsendung einer Mitarbeiterin nach Washington. Auch im vergangenen Jahr hatte ich Gelegenheit, mich bei verschiedenen Auslandsreisen u.a. zur Jahresversammlung des SIM, der regionalen Metrologie-Organisation des amerikanischen Kontinents, der hohen Anerkennung zu vergewissern, welche die PTB weltweit dank der hohen Kompetenz und des großen Einsatzes ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bereichen genießt.

Ich bedanke mich herzlich bei allen Mitarbeiter/ inne/n für das große Engagement, für Ihre Hingabe an die Metrologie und Ihre stets verlässliche Arbeit, die höchsten metrologischen Ansprüchen genügt. Ganz besonders würdigen möchte ich die vielfältige Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung des Besuches der Evaluierungskommission auf allen Ebenen. Ohne den Beitrag jeder und jedes Einzelnen, von der Infrastruktur über die Verwaltung zu Dienstleistung und Forschung wären die auch dieses Jahr wieder erzielten, herausragenden Ergebnisse nicht möglich gewesen. Dem endgültigen Bericht des Wissenschaftsrates können wir somit mit Zuversicht entgegen schauen!